War alles nur warme Luft? Um dem drohenden Energiemangel vorzubeugen, sollten die Temperaturen an Hochschulen, in öffentlichen Gebäuden und im Detailhandel gedrosselt werden. Die Zeichen standen auf Sparen. Mitte August sagte Energieministerin Simonetta Sommaruga (62, SP) im SonntagsBlick: «Für mich ist klar, dass die öffentliche Verwaltung mit gutem Beispiel vorangehen muss: Dass wir in öffentlichen Gebäuden die Heizung etwas herunterdrehen.»
Aber wie ernst nimmt die Schweiz ihr Energiespar-Versprechen? Schlottern die Beamten, die Kunden, die Studenten hierzulande?
SonntagsBlick hat nachgemessen: In der Uni Basel zeigte das Thermometer lediglich 18,2 Grad. Im Auditorium der ETH jedoch – zu drei Vierteln besetzt – war es am Donnerstagmorgen 22,5 Grad warm. In einem Hörsaal der Universität Zürich, die eigentlich eine Zieltemperatur von 20 Grad festgelegt hatte, studierte man bei wohligen 21,9 Grad.
Was ist da passiert? Uni-Zürich-Sprecher Beat Müller: «Die Regelung der Gebäudetemperatur auf genau 20 Grad Celsius ist nicht so einfach. Besonders bei älteren Gebäuden ist es technisch unmöglich, alle Räume exakt zu regeln.» Zudem erzeuge die Ansammlung vieler Personen – etwa in einem Hörsaal – sowie die Menge der genutzten persönlichen Geräte in einem Raum zusätzliche Wärme, sagt eine Sprecherin der ETH.
Angst vor Schimmel
Mitte September hatte der Bund eine Reduktion der Heiztemperatur in seinen Bauten auf 20 Grad beschlossen. Am Freitag brachte SonntagsBlick ein Thermometer in den menschenleeren Nationalratssaal – die Messung ergab 21,7 Grad. Das Parlamentsgebäude werde am Montag von 4 bis 19 Uhr und zwischen Dienstag und Freitag von 5 bis 19 Uhr auf 20 Grad geheizt. Nachts und an den Wochenenden gehe man dann auf 17 Grad, schreibt Mediensprecherin Lucienne Vaudan. «Eine tiefere Temperatur könnte zu Schimmelbildung an den Wänden führen.» An einem Sitzungstag seien hier zudem bis 400 Personen anwesend, die mit ihrer Körperwärme die Luft aufheizen. Bloss: Unsere Messung fand zwei Stunden nach Sessionsschluss statt.
Im Amt für Umwelt und Energie des Kantons Basel-Stadt zeigte das SonntagsBlick-Thermometer 21,3 Grad – obwohl der Regierungsrat eine Absenkung der Raumtemperatur in Gebäuden der kantonalen Verwaltung auf 19 Grad beschlossen hat. Sonja Körkel vom Departement für Wirtschaft, Soziales und Umwelt: «Je nach Grösse und Konstruktionsart des Hauses, Heizsystems, Lage und Belegung der Räume kann die Temperatur in den einzelnen Räumen um mehrere Grad variieren.» Zum Teil sei es dann auch kälter.
Richtig warm hatten wir es bei den SBB: Im Zug von Basel nach Zürich herrschen mitten im Dezember beinahe sommerliche 22,5 Grad. Dabei hatte die Bahn angekündigt, nach Möglichkeit von 22 auf rund 20 Grad zu reduzieren. «Die Innentemperatur kann aus verschiedenen Gründen, wie beispielsweise der Anzahl Reisenden, variieren, wodurch sich auch die von Ihnen gemessene Temperatur erklärt», teilt SBB-Sprecherin Sabrina Schellenberg mit.
Abkühlung gewähren hingegen die Detailhändler. Knapp 17 Grad in Filialen von Coop und Migros. Und auch, wer noch ein Weihnachtspäckli verschicken möchte, darf die Mütze anbehalten: In der Post Basel herrscht eine Temperatur von rekordverdächtig kalten 16,5 Grad.
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