Chaotische Szenen gestern Abend in Bern: Rund um das Champions-League-Qualifikationsspiel zwischen YB und Roter Stern Belgrad kommt es zu teils brutalen Ausschreitungen mit insgesamt fünf Verletzten. Die Berner Polizei ist im Dauereinsatz.
Im Bereich Hodlerstrasse/Kleeplatz wird während des Fanmarschs eine Person von Roter-Stern-Fans massiv angegriffen, Videoaufnahmen halten die Szene fest. Die Situation eskaliert derart, dass ein Polizist in Töff-Montur sogar Warnschüsse in die Luft abgegeben muss – mit scharfer Munition! «Der Polizist war gezwungen, drei Warnschüsse abzugeben», sagt Christoph Gnägi, Mediensprecher der Kantonspolizei Bern zu BLICK. Danach hätte sich die Situation beruhigt.
«Dienstwaffeneinsatz wird untersucht»
Der Entscheid, die Dienstwaffe einzusetzen, müsse immer vom Polizisten oder der Polizistin aus der Situation heraus getroffen werden, sagt Gnägi. Dazu gehöre auch, wie sie eingesetzt wird. «Selbstverständlich wird ein Dienstwaffeneinsatz im Nachgang immer untersucht», sagt er.
«Der Dienstwaffeneinsatz im Kanton Bern kommt sehr selten vor.» Pro Jahr gab es bisher zwischen null und vier Einsätze, sagt Gnägi. «In diesem Fall ging es aber um den Schutz von Leib und Leben.» Deshalb habe sich der Polizist für die Warnschüsse entschieden. Der Zwischenfall im Bereich Hodlerstrasse/Kleeplatz war jedoch nicht die einzige unschöne Szene während des Fanmarschs.
«Wir hatten alle Angst»
Wie ein Video auf Twitter zeigt, wird beim Fanmarsch auch das Café Kairo am Dammweg Ziel von Gewalt – angeblich wegen einer herausgehängten LGBT-Fahne. Was auf dem Video noch relativ harmlos aussieht, sei in Wahrheit eine sehr bedrohliche Situation gewesen. Trine Pauli (51) ist Besitzerin des Cafés und sagt zu BLICK: «Wir hatten alle Angst. Die serbischen Fans fingen an zu schreien. Plötzlich flogen Bierdosen und Flaschen in den Garten des Cafés – mit voller Wucht.» Da diese teilweise noch voll waren, seien viele Gäste nass geworden. «Eine Glasflasche zerschellte an der Hausfassade», sagt Pauli.
Dass sich auch Kinder im Garten des Cafés aufhielten, schien die serbischen Fans nicht zu stören, sagt sie. Viele Gäste seien panisch in die Beiz geflüchtet. «Wir hatten grosses Glück, dass nicht mehr passiert ist», sagt die Wirtin. Glücklicherweise sei ein Geländer zwischen dem Café und der Strasse gestanden. «Ansonsten wären die Fans wahrscheinlich hier rein gekommen.» Ob die LGBT-Fahne die Fans provozierte, weiss sie nicht – sie geht aber davon aus. Jemand hatte Pauli im Nachhinein nämlich darauf aufmerksam gemacht, dass sie die Fahne wohl besser runtergenommen hätte.
«Becher mit Bier flogen auf uns runter»
Auch im Stade de Suisse kams zu unschönen Szenen. Ein BLICK-Leserrepoter (30) berichtet, dass regelmässig volle Bierbecher gezielt auf YB-Fans geworfen worden seien – teilweise auch auf Familien. «Wir sassen unterhalb von serbischen Fans. Dann flogen Becher mit Bier auf uns runter», sagt der YB-Fan. «Ich bin mir viel gewöhnt, aber es war selbst mir ein wenig mulmig zumute im Stadion», sagt er.
Viele YB-Fans seien von den serbischen Fans eingeschüchtert gewesen – keiner hätte mit einem solchen Aufmarsch gerechnet. «Viele wären wohl froh gewesen, wenn die Security mehr Präsenz gezeigt hätte.» Auch nach dem Spiel seien einige Fans von Roter Stern negativ aufgefallen. «Sie zogen beispielsweise an den Schals von YB Fans, um sie zu provozieren», sagt der YB-Fan.
Gemäss der Kantonspolizei Bern kam es auch nach dem Spiel noch zu Streitereien und einzelnen Tätlichkeiten. Diese seien aber nicht vergleichbar mit dem Ausmass der Ausschreitungen vor dem Spiel. (bra)
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