Er ist der Bauern-Bub, der seine vier Geschwister mit einem Jeepli jeden Tag zur Schule fuhr: Simon Räuftlin, mittlerweile 26 Jahre alt. Blick berichtete 2012 über den verrückten Schulweg des damals 15-Jährigen: Er legte jeden Morgen 16 Kilometer Weg zurück, bevor er in seinem Schulhaus in Bellach SO ankam. Doch die Polizei machte ihm einen Strich durch die Rechnung und sagte, das sei nicht erlaubt. Sie drohten Räuftlin gar mit dem Jugendrichter!
Jetzt, elf Jahre später, besuchte Blick den Solothurner erneut.
Er wohnt nicht mehr auf dem Bauernhof Althüsli in Selzach SO, sondern in Unterlangenegg BE. Doch wieder lebt er abgeschieden. Zur Arbeit fährt er eine Stunde mit dem Auto nach Grenchen SO. Dieser Mann zieht weite Fahrten förmlich an. Sein Wohnort ist ein schönes, altes Bauernhaus. Es gehört dem Grossvater seiner Partnerin Tatiana Di Cola (33). «Ich liebe es, abgelegen zu wohnen», sagt Räuftlin zu Blick. «Die Häuserschluchten der Stadt rauben mir den Atem.»
Räuftlin erinnert sich an Medienrummel
Hier, in den Weilern und auf den Höfen im Berner Oberland weiss niemand, dass er der Mann ist, der als Bub wegen einer skurrilen Schulweg-Geschichte in den Schlagzeilen stand. Der Solothurner erinnert sich aber an den Medienrummel. Er sagt: «Das Problem war die grüne Nummer am Jeepli, die Landwirtschaftsnummer.» Weil Räuftlin nicht zu landwirtschaftlichem Zweck das Auto fuhr, gabs Zoff.
Mittlerweile wisse er auch, wer die Familie wegen der Jeepli-Schulfahrten bei der Polizei angeschwärzt hat. «Ein Rentner aus der Region.» So kam es, dass der damals 15-jährige Oberstufenschüler eines Tages seine Geschwister in Selzach SO bei der Schule deponierte, mit dem Jeepli zu seinem Schulhaus nach Bellach SO weiterfuhr – und dort die böse Überraschung erlebte: «Die Polizei wartete auf dem Parkplatz auf mich.» Die Beamten hätten das Fahrzeug durchsucht. «Plötzlich sagte der eine zum anderen, dass ja gar nichts Landwirtschaftliches im Jeepli drin ist», so Räuftlin.
60 Franken Busse
Seine täglichen Jeepli-Fahrten für die Geschwister und sich selbst waren somit Geschichte. «Aus der Drohung, ich müsse vor dem Richter antanzen, wurde jedoch nichts.» Vielmehr flatterte eine Busse von 60 Stutz ins Haus der Räuftlins. «Wir bezahlten.» Das Jeepli verkaufte die Familie. Simon Räuftlin ging mit dem Töffli zur Schule, später mit dem Roller. «Mein Vater chauffierte aber fortan meine jüngeren Geschwister jeden Tag zur Schule. Er fuhr nur noch runter, hoch, runter, hoch.»
Wenn er dereinst selbst Kinder hat, wird der Schulweg wieder zum Thema. «Der Weg vom Hof bis zur Busstation an der Hauptstrasse ist weit. Im Winter wird schlecht geräumt. Kurz vor der Hauptstrasse gibt es ein gerades Stück, auf dem die Leute sehr zügig fahren.» Damit nicht genug: «Es gibt kein Trottoir.» Kurz: «Dieser Schulweg ist nicht kinderfreundlich.»
«Jeepli macht Kinder selbständig»
Die Lösung: «Entweder ich oder Tatiana würden die Kinder mit dem Auto in den Kindergarten oder zur Schule bringen – oder zumindest bis zur Bushaltestelle.»
Und wenn die Kinder grösser sind? «Dann würde ich ihnen auch ein Jeepli kaufen.» Denn: «Es macht Kinder selbständig.» Räuftlin fügt an: «Aber eines mit weissen Kontrollschildern.» Seine Einschätzung: «Ein Jeepli ist sicherer als ein Töffli oder ein Velo. Denn damit fliegst du im Winter auf der glatten Strasse schnell mal auf den Latz. Mit dem Jeepli ist hingegen ein sicherer Schulweg garantiert.»