«Das Opfer wurde regelrecht exekutiert»
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Staatsanwältin im Fall Oey BE:«Das Opfer wurde regelrecht exekutiert»

Qerim B. (62) erschlug und köpfte die Mutter seiner vier Kinder (†31)
Stieftochter-Killer muss 18 Jahre hinter Gitter

Qerim B. hat die Mutter seiner vier Kinder mit dem Schlosserhammer erschlagen und mit dem Küchenbeil enthauptet. Seit Mittwoch muss er sich vor der Justiz verantworten, nun ist das Urteil im Fall Oey BE gefallen.
Publiziert: 18.03.2022 um 15:52 Uhr
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Aktualisiert: 18.03.2022 um 17:47 Uhr
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Qerim B. raucht in der Prozesspause am Mittwoch eine Zigarette.
Foto: Claudio Meier
Luisa Ita

Die grausame Tat geschah im Büro-Container eines Schrottplatzes in Oey BE: Qerim B.* (62) tötete am 18. März 2020 die Mutter seiner vier Kinder, die zuvor eigentlich seine Stieftochter und heimliche Affäre war. Laut der Staatsanwaltschaft schlug er 14 Mal mit einem Schlosserhammer auf Vana V.* (†31) ein, danach soll er sie mit vier Schlägen mit einem Küchenbeil beinahe komplett enthauptet haben.

Für die Horror-Tat musste sich der einst selbstständige Alteisenhändler vor dem Regionalgericht Oberland in Thun BE verantworten. Am Freitag wurde das Urteil verkündet: Qerim B. muss 18 Jahre in den Knast plus 15 Jahre Landesverweis. Er wurde wegen Mordes und einfacher Körperverletzung schuldig gesprochen, Freisprüche in Bezug auf die angeklagte Vergewaltigung sowie die Tätlichkeiten. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und kann an das Berner Obergericht weitergezogen werden. Beide Parteien gaben gegenüber Blick an, den Weiterzug noch zu prüfen.

Rache als Motiv

Der Gerichtspräsident sprach in der Begründung des Urteils von einer «völlig krassen und besonders skrupellosen Tat», der Mann sei ein egoistischer und gefühlskalter Täter. Dass es sich bei diesem Delikt um einen kaltblütigen Mord und nicht um vorsätzliche Tötung handelt, ist für das Regionalgericht Oberland klar: «Alleine 14 Mal mit dem Hammer auf den Kopf eines am Boden liegenden Opfers zu schlagen, würde nach Auffassung des Gerichtes für die Mord-Qualifikation reichen und dann kommt noch das Beil zum Einsatz, um den Kopf abzuhacken, das ist derart schrecklich.»

Dass der Bosnier den Mord geplant hatte, sehen die fünf Kollegialrichter ebenfalls als erwiesen an: «Er hatte Plan A und Plan B. Plan A: Sie kommt zu mir zurück. Plan B: Ich bringe sie um und köpfe sie. Und diesen Plan hat er bis zu bitteren Ende vollzogen.»

Das Motiv ist für die Richter klar: «Rache. Weil die Frau jetzt plötzlich selbstständig sein und ihn verlassen will.» Von den Punkten der Vergewaltigung sowie der Tätlichkeiten wurde Qerim B. jedoch freigesprochen. Der Gerichtspräsident begründete, dass man zwar einen sexuellen Übergriff als erwiesen aussehe – jedoch müsste man für eine Verurteilung wegen Vergewaltigung die Umstände genauer kennen. Die Tätlichkeiten wiederum würden zu lange zurück liegen und seien verjährt. Zum Schluss meinte der Richter am Freitag: «Eine gewisse Sprachlosigkeit bleibt, wie so etwas passieren kann. Diese Tat hat auch beim Gericht mehrere schlaflose Nächte verursacht.»

«Das Urteil müssen wir erst einmal sacken lassen»
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Verteidiger im Fall Oey BE:«Das Urteil müssen wir erst einmal sacken lassen»

«Am Tag bin ich seine Putzfrau, am Abend seine Schlampe»

Rückblende. Die viel jüngere Vana V. hatte sich etwa zwei Wochen vor ihrem grausamen Ableben vom zwanghaft eifersüchtigen Bosnier getrennt und war mitsamt dem Nachwuchs in ein Frauenhaus geflüchtet. Der «Patriarch», wie die Staatsanwältin den Beschuldigten im Gerichtssaal nannte, wollte die Trennung nicht akzeptieren und sei aufgrund seiner altmodischen Einstellung in seinem Stolz tief verletzt gewesen.

«Er hat seine Frau als Besitz angesehen. Seine Frau darf nicht arbeiten, hat sich nicht zu schminken und soll daheim den Haushalt führen», führte die Anklagevertreterin in ihrem Plädoyer aus. Zu ihrer Stiefschwester soll die vierfache Mutter einmal gesagt haben: «Am Tag bin ich seine Putzfrau, am Abend seine Schlampe.»

Qerim B. macht Erinnerungslücken geltend

Rund zwei Wochen nach ihrer Flucht ins Frauenhaus soll B. jedoch seiner Ex-Partnerin vorgegaukelt haben, er würde die Trennung nun doch akzeptieren. So wollten sich die beiden am verhängnisvollen Tag der Tat treffen, um noch ein paar Einzelheiten zu klären – sie verabredeten sich in Oey auf dem Schrottplatz, dem Arbeitsort von Qerim B.

Vor Gericht sagte der Beschuldigte, er habe versucht, Vana V. zurückzugewinnen – doch sie habe ihn weggestossen und als «alten, hässlichen Mann» beschimpft. Da sei ihm aufgrund seiner Diabetes-Erkrankung «schwarz vor den Augen» geworden, führte er bei der Befragung aus: «Als ich danach gegriffen habe, war mir nicht bewusst, dass es sich um einen Hammer handelte. Ich habe mich vergessen, nichts mehr gespürt, nichts mehr gesehen.» Rasend vor Eifersucht sei er zur Tat geschritten. Er habe nämlich befürchtet, dass es bereits einen anderen Mann im Leben seiner einstigen Stieftochter gebe.

Kaltblütig und geplant – oder doch eine Kurzschlussreaktion?

Sein Verteidiger plädierte darum auf vorsätzliche Tötung: Qerim B. habe «aus Wut und Enttäuschung» gehandelt, es sei eine Kurzschlussreaktion gewesen. Der Killer hätte in seiner damaligen Situationen keinen anderen Ausweg als die Tötung gesehen: «Sie hat viel besser Deutsch geredet, ist für das Administrative zuständig gewesen und hat den Haushalt geschmissen.» Er sei nichts ohne sie, habe sein Mandant ihm einmal gesagt. Eine Strafe von sieben Jahren und acht Monaten sah er als angemessen an.

Die Staatsanwältin hingegen sprach von einem kaltblütigen und geplanten Mord, da er die Tötung bereits mehrfach angekündigt haben soll: «Er hat bewusst und gewollt in die Tat umgesetzt, was er bereits geplant hatte: ihr den Kopf abzuschneiden, wenn sie nicht zu ihm zurückkommt.»

«Es tut mir sehr leid»

Sie forderte die Höchststrafe: lebenslänglich! Ausserdem wollte sie einen Landesverweis von 15 Jahren sowie Schuldsprüche wegen Vergewaltigung und Körperverletzung. B. soll gegen ihren Willen mit Vana V. geschlafen haben, ausserdem soll er sie und die Kinder geschlagen haben. Der Angeklagte bestreitet diese Vorwürfe jedoch grösstenteils – Beweise gibt es kaum.

Er habe seiner Freundin nur einmal einen «Chlapf» gegeben, das sei jedoch Jahre her und in Bosnien passiert. Die vier Kinder habe er zudem lediglich mit einem weichen Stoffgürtel geschlagen. Auch seine Tat verharmloste er, beim Schlusswort am Mittwoch sagte er: «Ich habe nicht gewusst, dass so etwas passieren kann. Hätte ich das gewusst, wäre es nie passiert. Ich kann leider die Zeit nicht mehr zurückdrehen, es tut mir sehr leid.»

* Namen geändert

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