Mann und Kind im Wallis vermisst
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Losentse tritt über die Ufer:Mann und Kind im Wallis vermisst

Spürhunde suchen nach Vermissten in Chamoson VS
«Sie werden nur eingesetzt, wenn keine Hoffnung mehr besteht»

Eine Schlammlawine riss am Samstagabend ein Auto mit, ein Mann (37) und ein Mädchen (6) werden seitdem vermisst. Die Suche nach den beiden gestaltet sich schwierig.
Publiziert: 13.08.2019 um 07:53 Uhr
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Aktualisiert: 14.08.2019 um 11:26 Uhr
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Die kleine Lisa wurde von den Schlammmassen mitgerissen. Das Bild wurde mit dem Einverständnis der Eltern für die Publikation für BLICK freigegeben.
Foto: Le Nouvelliste

Die Bewohner der 3800-Seelengemeinde Chamoson VS sind geschockt. Am Sonntagabend hat eine Schlammlawine das Gemeindegebiet getroffen, und ein weisses Auto mit zwei Insassen – einem Mädchen (6) aus Frankreich und einem Genfer (37) – mitgerissen. Sie gelten seitdem als vermisst (BLICK berichtete).

Am Dienstagabend teilte die Walliser Kantonspolizei mit, dass neben dem Fahrzeug mit den beiden Vermissten an Bord und eines weiteren Autos ohne Insassen ein zusätzliches Fahrzeug mitgerissen wurde. Die Polizei sucht nach Zeugen.

Die Suche nach den Vermissten gestaltet sich äusserst schwierig. Gemeindepräsident Claude Crittin (53): «Die Einsatzkräfte schauen unter jedem Stein nach.» Das sei ein riesiges Unterfangen. «Die Schlammlawine erstreckt sich über eine Länge von zwei Kilometern. Und die Schicht ist bis acht Meter dick.»

Leichenhunde im Einsatz

Bei der Suche nach den Vermissten helfen Hunde. Seit gestern is Redog, der Schweizerischen Verein für Such- und Rettungshunde, in Chamoson mit speziell abgerichteten Tieren im Einsatz. «Sie wittern den Geruch menschlicher Verwesung», sagt Romaine Kuonen, ehemalige Zentralpräsidentin von Redog.

Dennoch sei es für die Hunde, die nur in Katastrophengebieten zum Einsatz kommen, eine äusserst mühselige Suche: «Der Schlamm ist kompakt und wie Beton. Da riechen die Hunde viel weniger, als wenn er noch nass wäre.» Die Tiere müssten zudem «kleinste Mengen im grossen Katastrophengebiet» finden können, das sei «sehr anstrengend».

Derzeit verfügt Redog über vier Hunde mit dieser Spezialfähigkeit. Heute sind drei davon im Einsatz, einer ist aufgrund einer Weiterbildung nicht verfügbar. Kuonen macht klar: «Die Hunde werden nur eingesetzt, wenn keine Hoffnung auf Überlebende mehr besteht.»

Gefundene Teile werden untersucht

Derweil suchen auch die Behörden weiterhin nach Hinweisen zu den Vermissten. Einige Gegenstände und Autoteile habe man bereits finden können, sagt Gemeindepräsident Claude Crittin am Dienstagnachmittag zum BLICK. «Jetzt untersuchen wir, ob sie zum gesuchten Auto gehören.»

In Chamoson macht sich wegen des Dramas grosse Verunsicherung breit. «Seit zwei Jahren haben wir sehr starke Schlammlawinen», sagt der Gemeindepräsident. «Letztes Jahr kam sie sogar bis ins Dorf. Dass es dieses Jahr sogar Todesopfer gab, macht die Leute sehr traurig.»

Eine Bewohnerin schreibt aufgebracht auf Facebook, die Gedanken an die Vermissten liessen sie gar nicht mehr los: «Ich kann an nichts anderes denken. Ich wünsche den Angehörigen viel Kraft.» Andere Einwohner haben auf ihren Balkonen Kerzen für die Vermissten angezündet.

Zunächst suchten rund 70 Rettungskräfte nach den beiden Vermissten. Doch am gestrigen Montag gestand Rettungschef Benoît Dorsaz vor den Medien: «Die Chancen, die beiden noch lebend zu finden, sind gleich null.» Über Nacht wurde die Suche eingestellt.

Mutter schaffte es nicht mehr ins Auto

Das Mädchen aus Frankreich war gemeinsam mit ihrer Mutter im Wallis unterwegs gewesen. Begleitet wurden sie von einer Frau aus der Region und dem ebenfalls vermissten Genfer.

Einwohnerin Elvira Favre schildert das Drama vom Sonntagabend gegenüber «Le Nouvelliste»: «Die vierköpfige Gruppe wollte gerade flüchten, als die Schlammlawine sie traf.»

So habe die Mutter ihr Mädchen ins Auto gesetzt, um schnell wegzufahren. Doch dann rissen die Fluten den Wagen plötzlich weg. «Sie selbst schaffte es nicht mehr, einzusteigen. Das hat ihr vermutlich das Leben gerettet», sagt Favre.

«Meine Tochter wurde mitgerissen!»

Die Mutter habe lauthals geschrien: «Meine Tochter wurde mitgerissen!» Zunächst habe sie gegen den Strom angekämpft, musste sich dann aber selbst aus dem Wasser retten, um nicht auch mitgerissen zu werden.

Später habe sich die Polizei um sie und ihre Kollegin gekümmert. «Als sie in Sicherheit war, hat sie kaum noch gesprochen, stand völlig unter Schock», erinnert sich Favre.

Am Dienstag wurde die Suche am frühen Morgen fortgesetzt. Die Aufräumarbeiten dauern an.

Die Kantonspolizei Wallis bittet um Hinweise aus der Bevölkerung. Die Einsatzkräfte seien dankbar für jede Information, die beim Auffinden der Vermissten helfen könnte, sagt ein Sprecher. (hah/noo/vof)

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