In Aarwangen BE hängt der Dorfsegen schief. Der Grund: Zwei zugezogene Paare wollten im 5000-Seelen-Dorf Kuhglocken verbieten. Diese würden zu viel Lärm machen. Über 1000 Leute unterschrieben daraufhin eine Initiative. Sie wollen die Kuhglocken retten.
Wie SRF berichtet, formierte sich in den letzten Monaten in Aarwangen eine regelrechte «Pro-Kuhglocken-Bewegung». Eine Gruppe von Anwohnern lancierte eine Initiative, die neben dem Kuhglockengeläut zudem auch noch die Kirchenglocken bewahren will.
«Es geht darum, wie wir Kultur und Tradition des Landes leben wollen»
Andreas Baumann, Präsident des Initiativkomitees, sagt gegenüber SRF: «Es geht um viel mehr als Tierglocken. Es geht darum, wie wir als Schweizerinnen und Schweizer Kultur und Tradition des Landes leben wollen.»
Die Initiative stiess in Aarwangen auf grossen Anklang. Innerhalb kurzer Zeit unterschrieben 1100 Menschen das Papier, was ungefähr einem Drittel der Stimmberechtigten entspricht.
Initiative kommt im Dezember vor Gemeindeversammlung
Mittlerweile hat eines der Paare ihre Beschwerde zurückgezogen. Die andere Partei hat dem Gemeinderat mitgeteilt, dass sie wegziehen will. Dies gab Gemeindepräsident Niklaus Lundsgaard-Hansen gegenüber SRF bekannt.
Bei den Streitigkeiten scheint es stark um unterschiedliche Bedürfnisse zu gehen. «Der Konflikt ist für mich ein Ausdruck des Stadt-Land-Grabens», sagt Lundsgaard-Hansen. In jüngster Zeit seien viele neue Wohnquartiere entstanden. «Die neuen Leute kommen zwar nicht aus Städten, aber aus Agglomerationen und sind weniger landwirtschaftlich geprägt», so der Gemeindepräsident zu SRF.
Die besagte Initiative kommt nun vor die Gemeindeversammlung. Danach muss die Gemeinde reglementieren, wie die verschiedenen Bedürfnisse im Rahmen der Lärmschutzverordnung unter einen Hut gebracht werden können. Dieses Reglement wird dann dem Volk vorgelegt. Laut Lundsgaard-Hansen will man aber «sicher nicht alles auf Vorrat regeln».
Sensible Ohren versus ländliche Tradition
Laut Jana Fehrensen, Leiterin des Ortsmuseums Langenthal BE, das eine Sonderausstellung zum Kuhglocken-Streit organisiert hat, gibt es in praktisch jeder ländlichen Gemeinde Knatsch wegen Kuh- oder Kirchenglocken – selbst im «Kuhland» Schweiz. Letztlich sei die Lösung gegenseitige Toleranz.
In der Vergangenheit musste sich sogar schon das Bundesgericht mit den Glocken beschäftigen. 2018 entschied das Bundesgericht in einem Fall zugunsten eines Bauern. Das Geläut von Glocken und Trycheln gehöre seit Jahren zu den örtlichen Gegebenheiten dazu, hiess es damals. (ene)