Es war ein Spiel mit der Hoffnung: Als eine Frau aus dem Emmental eine Freundschaftsanfrage eines Unbekannten in einer App bekommt, nimmt sie diese sofort an. Denn auf dem Profilbild prangt ein Foto des italienischen Schauspielers Terence Hill.
Was der Fan des Schauspielers da noch nicht ahnt: Sie schreibt mit Betrügern. Nach anfänglichen charmanten Nachrichten schreibt der Mann, dass er der Frau ein Haus am Meer in Italien schenken möchte. Eigentlich ist es zu gut, um wahr zu sein. Doch die Bernerin lässt sich blenden.
Im Gespräch mit der «Berner Zeitung» erzählt die Frau, dass plötzlich Renovierungsarbeiten am Haus angestanden seien. Da ihr Chat-Partner in einer Scheidung gesteckt habe, habe er die leider nicht selber bezahlen können. Mit einer Prepaid-Karte zahlt sie die Summe. Doch es kommen immer weitere «Probleme», die mit Geld behoben werden müssen.
Plötzlich werden Storen benötigt, dann die Gartenbepflanzung – und dann auch ein Anwalt, der sich um die Finanzen kümmern will. Es sind Beträge zwischen 100 und 2000 Franken – immer wieder. Die Frau zahlt all das und glaubt fest daran, dass ihr in Italien ein Haus mit Blick auf das Meer gehört.
In ihrer Geldnot verkauft sie zwei Katzen
Doch die IV-Rentnerin gerät in finanzielle Schieflage. Sie verkauft einen Teil ihrer Möbel und andere Wertgegenstände. Auch von zwei Katzen trennt sie sich, damit sie wieder Geld hat und die Beträge überweisen kann.
Irgendwann erkennt die Frau, dass sie Opfer von Cyberkriminellen geworden und in eine Venusfalle getappt ist. Die Kantonspolizei Bern hat den Fall aufgenommen. Aber: «International sind die Möglichkeiten für eine Strafverfolgung unzureichend.» Aus dem Traum vom Haus in Italien wurde ein Albtraum. Insgesamt verlor die Betrogene etwa 7000 Franken.
«Betroffene geben sich selbst die Schuld»
Digitaler Betrug nimmt laut Statistiken der Polizei in der Schweiz zu. 22’000 Fälle wurden 2022 gemeldet – die Dunkelziffer dürfte hoch sein. «Viele Betrogene geben sich selbst die Schuld», sagt Christian Thiel, Professor an der internationalen Hochschule für angewandte Wissenschaft zur «Berner Zeitung». Und: «Betrug basiert nicht auf der Schwäche der Opfer, sondern auf einem Wunsch, der als Ansatzpunkt funktioniert.»
Die Frau schickt dem Betrüger kein Geld mehr. Den Kontakt hält sie trotzdem, weil sie nicht möchte, dass er weitere Menschen belügt, erklärt sie der Zeitung. (jwg)