Zwölf Klimaaktivistinnen und -aktivisten haben am Dienstagmorgen den Verkehr bei der Autobahnausfahrt Bern-Wankdorf lahmgelegt. Sechs von ihnen haben sich unter anderem auf die Fahrbahn geklebt!
Die illegale Aktion begann um 07.40 Uhr. Es kam zu Verkehrsbehinderungen und Stau. Die Berner Kantonspolizei musste mit einem Grossaufgebot ausrücken. Eine halbe Stunde lang stand der Verkehr still. Was genau ein solcher Grosseinsatz kostet, ist nicht klar. Die Kapo Bern wollte auf Anfrage von Blick dazu keine Stellung nehmen.
Aktivisten müssen mit Anzeige rechnen
Verantwortlich für die Aktion: Renovate Switzerland. Dabei handelt es sich laut Eigenbeschrieb der Aktivistinnen und Aktivisten um eine «zivile Widerstandskampagne». Ihre Forderung: mehr Subventionen für energetische Gebäudesanierungen. Diese sollen ab 2023 eine Milliarde Franken pro Jahr betragen – fünfmal mehr als heute.
Die Kantonspolizei Bern führte die Beteiligten ab und teilte später mit: «Wer an der Aktion aktiv mitgewirkt hat, muss mit einer Anzeige rechnen.» Denn die Blockaden bergen Gefahren – und dies nicht nur für die Demonstrierenden selber. Der Rückstau könne laut Polizei zu Auffahrkollisionen führen. Es bestehe die Gefahr, dass es für Rettungsfahrzeuge kein Durchkommen gebe.
Hans Giger, emeritierter Rechtsprofessor und Experte in Sachen Strassenverkehrsrecht, sagt zu Blick: «Die Aktivisten untschätzen das Ausmass ihres Handelns völlig.» Denn: Beinahe jeder Automobilist habe nämlich ein Ziel, das er erreichen wolle und durch die Blockade daran gehindert werde. «Ziel und Zweck der Fahrt werden damit vereitelt. Für einige mag dieser Umstand einfach ärgerlich sein, andere verpassen Vereinbarungen im geschäftlichen Bereich.»
«Strengere Strafen angebracht»
Giger: «Das ist keine Bagatelle, sondern eine strafrechtlich relevante Nötigung.» Und: «Grundsätzlich muss man davon ausgehen, dass den aktiv Beteiligten mit Sicherheit ein Strafverfahren droht.» Die mögliche Strafe für ein solches Vergehen: Von einer Busse bis hin zu drei Jahren Gefängnis ist laut Giger alles möglich. Er plädiert gar für noch strengere Strafen. Denn bisher habe es die Justiz bei solchen illegalen Blockaden meistens bei einer Busse oder einer bedingten Geldstrafe belassen. Er sagt: «Meines Erachtens ist das, was auf dem Spiel steht, so gravierend, dass strengere Strafen angebracht wären.»
Der Effekt, der eintrete, so Giger, sei für das Strafmass massgebend. Gäbe es Tote, sei der Schaden gewaltig und die Tat sei automatisch strenger zu beurteilen. Ohne Folgeschäden allerdings sei das Gericht oft etwas milder gestimmt.
Die Autobahn-Blockade im Wankdorf ist die dritte innert kurzer Zeit. In der vergangenen Woche hatten Aktivisten von Renovate Switzerland Autobahnausfahrten in Genf und in Lausanne VD blockiert.
Aktionen erinnern an Blockaden in Zürich und Lausanne
Die Aktionen erinnern an den Sitzstreik 2020 in Zürich: Rund 250 Demonstrierende der Umweltgruppierung Extinction Rebellion blockierten damals drei Stunden lang die Quaibrücke. Das Bezirksgericht Zürich verurteilte danach eine Aktivistin unter anderem wegen Nötigung zu einer bedingten Geldstrafe. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Und 2019 versperrten Klimaaktivisten von Extinction Rebellion eine wichtige Durchgangsstrasse in Lausanne. Auch dort kassierten die Beteiligten im Februar bedingte Geldstrafen, die Aktivisten haben Berufung angekündigt. (oco)