Gesundheitsdirektor Pierre Alain Schnegg hat die Bewilligung des Kantons Bern für die Weltcup-Skirennen in Adelboden verteidigt. Grossevents seien erlaubt, die Rennen fänden im Freien statt, und zudem müsse auch die Eigenverantwortung der Zuschauer zum Tragen kommen.
Mit dem Auftreten der Omikron-Variante des Coronavirus wisse heute jede und jeder, was es geschlagen hat, sagte Schnegg am Sonntag auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA: «Jeder muss lernen, seine Verantwortung zu übernehmen». Irgendwann gelte es auch, zur Normalität zurückzukehren, sagte Schnegg weiter.
Die epidemiologische Situation sei zudem eine andere als im vergangenen Jahr, als die Rennen in Adelboden ohne Zuschauer stattfinden mussten: Heute könne sich jeder und jede impfen lassen. Dass die Organisatoren am Samstagabend aus Sicherheitsgründen die Siegerehrung absagten, begrüsst Schnegg.
Aussage von Skifahrer Feller sei «übertrieben» gewesen
Sportler und Zuschauer waren am Samstag verwundert und besorgt ob der Situation in Adelboden: Über 12'000 Fans bejubelten den Sieg des Schweizers Marco Odermatt im Riesenslalom. Viele taten dies ohne Maske und dicht gedrängt. Es kam zu partyähnlichen Szenen im Zielgelände. Das Berndeutsche kennt einen Begriff für diese Situation: In Adelboden herrschte ein Gschtungg. Wie sonst nur während des Zibelemärit in der Bundeshauptstadt.
Der österreichische Rennfahrer Manuel Feller sagte in einem Interview im österreichischen Fernsehen: «Die Schweizer gehen da ein bisschen einen anderen Weg. Die versuchen, an einem Wochenende gleich alles zu durchseuchen». Diese Aussage sei übertrieben, sagte Schnegg. «Ist in Österreich die Lage mit den sehr weit gehenden Lockdowns wirklich besser als in der Schweiz?», fragte er.
Auf die Frage, ob Feller denn an der Siegerehrung am Abend teilnehmen werde, sagt er am Samstagnachmittag: «Das muss ich schon ausnutzen.» Bei der Feier jubelten erneut viele Fans mit – eine Teilnahme war für die Athleten freiwillig. Feller meinte jedoch: «Ich werde die Atmosphäre bei der Siegerehrung geniessen, Maske aufsetzen und mich von den Leuten fernhalten.»
Auch Marco Schwarz, zweitbester Österreicher an diesem Tag (9.), sah die Sache eher kritisch: «Von Corona merkt man hier nicht viel. Die Stimmung ist cool, aber bei der allgemeinen Lage muss man natürlich ein bisschen nachdenken und aufpassen.»
Besucher sollen Maske aus Solidarität tragen
In Adelboden ging am Sonntag der Slalom über die Bühne. Wie ein Zuschauer der Nachrichtenagentur Keystone-SDA berichtete, riefen die Organisatoren im Shuttlebus zum Zielgelände und vor dem Rennen dazu auf, aus Solidarität eine Maske zu tragen. Das täten die Leute grossmehrheitlich. Auf der Renn-Webseite hatten die Organisatoren schon vor den Rennen eine Empfehlung zum Maskentragen abgegeben. In den Zuschauerräumen in Adelboden gilt die 3G-, in den Innenräumen die 2G-Regel.
Während Gesundheitsdirektor Schnegg an die Eigenverantwortung appelliert, sorgt das «solidarische Maskentragen» auf Twitter für rote Köpfe. So schreibt ein User: «Das ist die sogenannte Eigenverantwortung. Unsereins schützt eigenverantwortlich die Familie durch Impfung und Kontaktreduktion (so wie empfohlen), andere scheren sich einen Dreck darum und feiern, als wäre nix.»
In der kommenden Woche zieht der Weltcup-Tross weiter nach Wengen, an die Hänge des Lauberhorns. Dort beginnen die Rennen am Donnerstag mit einem Super-G. Wie in Adelboden wird in den Zuschauerbereichen – Stand jetzt – die 3G- und in Innenräumen die 2G-Regel gelten.
Adelboden und Wengen in engem Austausch mit FIS
Wie der Geschäftsführer der Wengener Rennen, Andreas Mühlheim, am Sonntag auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA sagte, empfehlen die Organisatoren dem Publikum dringend, eine Maske zu tragen und Abstand zu halten. Für den kurzfristig von Bormio übernommenen Super-G bleiben die Zuschauerräume am Donnerstag noch geschlossen.
Auf die Frage, ob die Erfahrungen in Adelboden auf das Schutzkonzept von Wengen Einfluss haben werden, sagte Mühlheim, das Wengener OK stehe mit dem Adelbodner OK und dem Internationalen Skiverband FIS in ständigem Austausch. Wengen verfüge über eine Bewilligung des Kantons Bern für Grossveranstaltungen.
Wie schon im Vorjahr wird in Wengen auch in diesem Jahr im Zielraum keine Tribüne stehen, sondern ein Hospitality-Zelt. Zuschauerbereiche wird es aber etwa im Girmschbiel, aber auch im Zielraum geben. Im vergangenen Jahr wurden die Lauberhornrennen wegen Corona ein paar Tage vor Rennstart abgesagt. (chs/SDA)