Auf der A6 bei Rubigen BE kommt es am Samstag zu einem schrecklichen Unfall. Der Bauer Alfons T.* (†82) aus Hasle bei Burgdorf BE irrte sich in der Fahrtrichtung. Auf wenigen hundert Metern verursacht er gleich drei Unfälle mit insgesamt acht involvierten Fahrzeugen. T. stirbt noch vor Ort, zwei weitere Personen werden verletzt. In seinem Umfeld heisst es, der Rentner habe in letzter Zeit immer schlechter gesehen. Ob das wirklich der Grund für die Geisterfahrt ist, ist jedoch unklar.
Für Verkehrspsychologe Urs Gerhard (69) sind solche Geisterfahrten nur schwer erklärbar. «Gewissen Leuten gelingt es, über längere Distanz auf der falschen Fahrbahn zu fahren. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man das nicht realisiert – trotzdem kommt es vor», sagt er zu BLICK.
«Durchschnittlich ein Todesopfer pro Jahr»
Laut Viasuisse gab es im letzten Jahr 111 Fälle von Falschfahrern. Allein 2020 gibt es bereits 15 gemeldete Fälle. Die Dunkelziffer dürfte noch grösser sein, da längst nicht jede Irrfahrt gemeldet wird. Glücklicherweise kommt es nicht immer zu einem Unfall. Zudem kommen schwere Unfälle mit Geisterfahrern, verglichen mit anderen Unfallarten, nicht sehr häufig vor, wie es auf Anfrage bei der Beratungsstelle für Unfallverhütung (BfU) heisst.
Dennoch: «Durchschnittlich gibt es pro Jahr ein Todesopfer – oft ist es der Geisterfahrer selbst», sagt Mediensprecher Marc Kipfer (37) zu BLICK. Jedes Jahr gebe es bei solchen Geisterfahrten auch mehrere Schwerverletzte.
«Eingeschränkte Wahrnehmung»
Schuld an einer Geisterfahrt ist laut Urs Gerhard in der Regel eine eingeschränkte Wahrnehmung. «Davon sind vor allem Senioren betroffen», sagt er. Oft spiele auch schlechtes Wetter oder eingeschränkte Sicht eine Rolle. An jenem Samstag dürfte dies kein Einfluss gehabt haben – es war sonnig.
«Teilweise passiert so etwas auch unter Alkoholeinfluss, dann kommt es zum sogenannten Tunnelblick und eingeschränkter Konzentration», sagt Gerhard. Dass jemand mutwillig auf der falschen Fahrbahn fährt, komme eher weniger vor, sagt er.
«Anhalten und Warnblinker einschalten»
Da das Fahrverbotsschild in der Regel in der Mitte zwischen Ein- und Ausfahrt steht, könne es im schlimmsten Fall sein, dass es ein Autofahrer einfach übersieht.
Doch was tun, falls man selber mal auf der Autobahn auf die falsche Fahrbahn gerät und nicht auf den Pannenstreifen kann? «Im Prinzip muss man sofort anhalten und alle Warnblinker einschalten», sagt Gerhard. Dann sollte man die Fernlichter einschalten und nach Möglichkeit ein Pannendreieck setzen. Sollte es die Situation erlauben, soll man aussteigen und sich in Sicherheit bringen.
Sollte man selbständig wenden auf der Autobahn? Hier rät die Kantonspolizei Zürich ab: «Vorsichtig auf den Pannenstreifen fahren, Fahrzeug erst wenden wenn die Polizei die Fahrbahn gesichert hat», lautet die Devise. (bra)
* Name geändert