Berner Justiz-Panne
Fax kam 21 Minuten zu spät – Straftäterin aus Haft entlassen

Eine Frau sass wegen fahrlässiger Tötung in Haft – und hätte dort auch bleiben sollen. Wegen Kommunikationsproblemen ist sie nun auf freiem Fuss.
Publiziert: 02.07.2021 um 10:02 Uhr
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Aktualisiert: 02.07.2021 um 15:44 Uhr
Die Frau musste aus dem Regionalgefängnis Biel entlassen werden (Archiv).
Foto: Blick

Eine Frau verpasst unter der Berner Kirchenfeldbrücke einem 43-Jährigen den «goldenen Schuss» – eine Überdosis Heroin und Kokain. Der Mann stirbt, die damals 27-jährige Drogensüchtige wird wegen fahrlässiger Tötung zu 34 Monaten Haft verurteilt. Die Suchtkranke kommt für eine stationäre Massnahme in eine geschlossene Einrichtung.

Im Sommer 2019 wird die Frau ins Gefängnis Hindelbank gebracht, doch die Straftäterin will im März 2021 die Massnahme abbrechen – sie wird ins Regionalgefängnis Biel verlegt. Nun soll sie ihre Reststrafe normal absitzen, verfügen die Berner Bewährungs- und Vollzugsdienste (BVD). Doch das Regionalgericht Bern-Mittelland spricht sich dagegen aus: Die Frau sei unverzüglich freizulassen.

Antwort muss «unverzüglich» erfolgen

Nun passiert eine Panne, berichtet die Zeitung «Der Bund» (Abo) Die beiden Behörden kommunizieren schriftlich miteinander – per Fax. Die Verfügung zur Freilassung erreicht die Vollzugsbehörden um 8.18 Uhr. Um 8.59 Uhr kündigen diese aber wieder per Fax an, Beschwerde gegen diesen Entscheid zu erheben.

Beschwerden bei Freilassungen müssen aber «unverzüglich» geschehen und das Obergericht hat nun entschieden, dass «unverzüglich» 20 Minuten bedeutet. Und nicht 41 Minuten. Der Fax kam also exakt 21 Minuten zu spät an. Und weil die Antwort zu spät kam, wird die Insassin per sofort freigelassen. Das hat das Obergericht nun entschieden, wie die Zeitung berichtet.

Mangelnde Kommunikation zwischen betroffenen Behörden

Es argumentierte, dass sich die beiden Behörden besser hätten absprechen sollen, also zum Beispiel die Mitteilung per Fax vorher telefonisch ankündigen. Wenn sich Behörden zu wenig absprechen, sei es letztlich auch egal, ob sie per E-Mail oder Faxgeräte kommunizieren. Fazit des Obergerichts: «Die inhaftierte Person hat nicht unter einer mangelnden Kommunikation zwischen den betroffenen Behörden zu leiden.»

Doch warum kommunizieren Behörden überhaupt im Jahr 2021 noch mit dem veralteten Fax? Der «Bund» fragte beim Justizamt nach und erhielt als Antwort: «Gemäss Gericht wird Fax aufgrund der Datensicherheit eingesetzt.» (neo)

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