Anwältin macht der Gemeinde nach Tod von Kult-Beizer (†61) schwere Vorwürfe
«Interlaken bereichert sich auf Kosten eines Toten»

Nachdem der Wirt der Oberländer Kult-Beiz Des Alpes getötet wurde, werden schwere Vorwürfe laut. Die Tourismusgemeinde Interlaken soll sich laut einer Anwältin an dessen Tod bereichern wollen.
Publiziert: 15.04.2021 um 13:40 Uhr
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Thomas F.* war der Wirt Oberländer Kult-Beiz Des Alpes. Im Oktober wurde er ermordet.
Foto: Zvg

Im Herbst befand sich die Gemeinde Interlaken BE in einer Schockstarre: Der Wirt der Kultbeiz Des Alpes, Thomas F.* (†61), wurde tot in seiner Wohnung aufgefunden – erschlagen. Kurz darauf fiel der Verdacht auf seine Ehefrau, Profi-Boxerin Viviane O.** (34) Sie befindet sich seither in Untersuchungshaft. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Noch immer steht das Restaurant Des Alpes leer. Ab Juni soll es der bekannte Fernsehkochs René Schudel (44) wieder eröffnen. Für das Kult-Lokal ein Happy-End, wie es scheint. Auch die Gemeinde Interlaken als Besitzerin ist mit dieser Lösung zufrieden. Doch im Hintergrund brodelt es.

René Schudel übernimmt das Des Alpes in Interlaken
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Nach Tod von Kult-Wirt:René Schudel übernimmt das Des Alpes in Interlaken

Der Grund: Die Gemeinde verlangt von der GmbH des toten Wirts noch 137'000 Franken Miete. In Rechnung gestellt wird dabei auch die Zeit, in der das Restaurant wegen des Tötungsdelikts geschlossen war. Die Anwältin, die die Geschwister des toten Wirts vertritt, ist Marianne Sonder. Sie verurteilt das Vorgehen der Gemeinde. «Die reiche Tourismusgemeinde Interlaken bereichert sich hier auf Kosten eines Toten», sagt sie gegenüber dem «Tages-Anzeiger».

Forderung ist pietätlos

Sonder findet die Forderung pietätlos. «Ich kann nicht nachvollziehen, dass eine reiche Gemeinde wie Interlaken in einem solchen Fall Miete verlangt», sagt sie zur Zeitung. Rein juristisch dürfte die Forderung aber rechtens sein.

Neben der Miete wird noch über etwas anderes gestritten: Der getötete Wirt investierte nämlich während seiner Pacht rund 600'000 Franken in das Gebäude. Einen Teil davon möchten die Erben jetzt gerne zurück haben. Die Gemeinde offerierte in ihrem jüngsten Angebot als Entschädigung rund 280'000 Franken – der geforderte Mietzins würde davon aber noch abgezogen werden.

«400'000 Franken vom Parlament»

Dass sich Interlaken in diesem Fall bereichern will, bestreitet der Gemeindepräsident Philippe Ritschard (FDP) vehement. Denn auch die Gemeinde würde unter den fehlenden Einnahmen des Lokals leiden, sagt er. Ritschard stellt klar: «Wir sind nicht auf Konfrontation aus und sind bemüht, eine passende Lösung zu finden.»

Die Erben ihrerseits präsentierten der Gemeinde Interlaken mit dem Ehepaar Bolland-Shepheard bereits im Januar ihre «Ideallösung» für das Lokal. Das Wirtepaar hätte die GmbH des toten Wirts übernommen – samt Angestellten und Pachtverträgen. Doch die Gemeinde entschied sich anders. Das Des Alpes soll nun umgekrempelt und neu ausgerichtet werden. Dafür hat der Gemeinderat für die «nötigsten Arbeiten» bereits 400'000 Franken vom Parlament bewilligen lassen. (bra)

*Name geändert
** Name bekannt


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