Zürich und Bern setzen im Kampf gegen die Corona-Pandemie weiter auf Repression. Obwohl der Bundesrat auch grosse Demos erlaubt, tolerieren die beiden Kantone keine Versammlungen mit mehr als 100 Teilnehmern – bis vor kurzem waren gar nur 15 erlaubt.
Die Verbote sind umstritten. Bis jetzt führten sie allerdings kaum zu grösseren Auseinandersetzungen auf der Strasse. Doch das könnte sich jetzt ändern. Am kommenden Samstag steht der traditionelle Grosskampftag der linken Bewegungen an: der 1. Mai.
Gewerkschaften und Parteien verzichten zwar das zweite Jahr in Folge auf grössere Kundgebungen, die radikalen Linken wollen sich ihren Protest allerdings nicht nehmen lassen. Im Internet und auf Plakaten rufen anarchistische und kommunistische Gruppen zu unbewilligten Demos auf.
Demo, aber mit Schutzmaske
In Zürich mobilisiert ein Bündnis unter dem Motto: «Wir tragen eure Krise nicht!» Die Aktivistinnen und Aktivisten wollen sich am Samstag mit Schutzmasken auf dem Helvetiaplatz versammeln. Mit dabei ist etwa der Revolutionäre Aufbau, der auf seiner Webseite schreibt: «Am 1. Mai gehen wir, obs dem Staat passt oder nicht, selbstverständlich auf die Strasse, alle zusammen, wann, wenn nicht jetzt!»
Auch in Bern rufen Linke zu einer Demo auf – trotz 100-Personen-Begrenzung. Auch sie wollen sich an Schutzmassnahmen halten: «Wir tragen Masken, wir halten Abstand, wir desinfizieren unsere Hände, wir testen uns vor der Demonstration selbst und wir bleiben bei positivem Testergebnis oder Krankheitsanzeichen zu Hause.» An der 100-Personen-Regelung üben sie scharfe Kritik. Die sei «ein bequemes Mittel, politische Bewegungen und unangenehme Meinungsäusserungen zu verhindern».
Aktivisten gehen vor Gericht
Was tut die Polizei? Die Berner Sicherheitsbehörden wollen sich nicht im Detail äussern. Polizeisprecherin Isabelle Wüthrich sagt einzig: «Die gesetzlichen Rahmenbedingungen für Kundgebungen sind klar.» Die Lageeinschätzung erfolge laufend und «unter dem Aspekt der Verhältnismässigkeit».
Und in Zürich? Dort ging die Polizei jüngst hart gegen linke Demos vor. Daraufhin stellte sich die städtische Sicherheitsvorsteherin Karin Rykart (50, Grüne) öffentlich gegen die strenge Personenbegrenzung. Der Regierungsrat rückte allerdings nicht von seinem repressiven Kurs ab.
Bewegung in die verhärteten Fronten könnten nun die Gerichte bringen. Sowohl in Bern als auch in Zürich wurden Beschwerden gegen die generellen Verbote von Grosskundgebungen eingereicht.