Der Vorgang ist ungeheuerlich: Ein türkischstämmiger Polizist soll sich in Basel-Stadt im Polizeicomputer Daten von Erdogan-Gegnern in der Schweiz beschafft haben. Diesen Vorwurf erhob am Samstag die «Basler Zeitung». Wie die Zeitung und ihr Konkurrenzblatt «Basellandschaftliche Zeitung» heute übereinstimmend schreiben, bestätigt der Nachrichtendienst des Bundes, dass die Basler Behörden gewarnt waren.
Dem Türken in Polizeiuniform wird zudem vorgeworfen, er habe im Auftrag der UETD, eines türkischen Vereins in der Schweiz, gehandelt. Deren Präsident, Murat Sahin, sei nicht nur in den Räumlichkeiten der Basler Kantonspolizei ein- und ausgegangen, sondern er habe die Daten über die Erdogan-Gegner quasi beim Beamten bestellt. Für beide, Polizist und Sahin, gilt die Unschuldsvermutung.
Der Urner Ständerat und Sicherheitspolitiker Josef Dittli (FDP) fordert gegenüber BLICK strafrechtliche Konsequenzen: «Was ich bisher über den Fall gelesen habe, fällt klar unter den Straftatbestand ‹Nachrichtendienst für einen fremden Staat›.» Die Bundesanwaltschaft (BA) müsse tätig werden.
Keine Bagatelle
Dittli hatte im März bei der BA eine Strafanzeige gegen unbekannt wegen türkischer Spionagetätigkeiten in der Schweiz eingereicht. Er sah schon damals den Tatbestand des politischen Nachrichtendienstes für einen fremden Staat erfüllt, eine Verletzung von Artikel 272 des Strafgesetzbuches: «Ich will Sicherheit für die Türken und Doppelbürger, die in der Schweiz leben.» Wer sich hierzulande niederlasse, müsse vor den Fängen einer ausländischen Macht geschützt werden, sagte Dittli zum SonntagsBlick, der die Anzeige publik machte.
Auch jetzt findet Dittli die Vorgänge in Basel keine Bagatelle: «Der Beamte hat vertrauliche und durch das Amtsgeheimnis geschützte Daten herausgegeben.» Damit seien Grundrechte von Türken in der Schweiz «hochgradig» verletzt worden. Für Dittli ist klar: «Deshalb ist im Sinne meiner Strafanzeige zwingend durch die Bundesanwaltschaft zu ermitteln. Genau wegen solcher Fälle habe ich die Strafanzeige gegen unbekannt eingereicht.»
Dass es sich nun beim Verdächtigen um einen Polizisten handelt, hält Dittli für «besonders schwerwiegend»: «Das darf unter keinen Umständen toleriert werden! Und ist in aller Härte und Konsequenz zu ahnden, falls sich der dringliche Verdacht bewahrheitet.»
Polizist soll suspendiert werden, bis der Fall geklärt ist
Dazu sollten auch die Basler Behörden tätig werden. Und wenn es nicht schon passiert sei, so müsse der Polizist sofort von seinem Job suspendiert werden. Dittli: «Dies auch dann, wenn formell noch die Unschuldsvermutung gilt.»
Die Rolle von UETD-Präsident Murat Sahin müsse ebenfalls geklärt werden: «Das Strafgesetzbuch sieht auch für jene, die für solche Dienste anwerben oder ihnen Vorschub leisten, Strafen vor.»
Die Bundesanwaltschaft habe die Medienberichten zur Kenntnis genommen, wie sie auf Anfrage schreibt, man kommentiere diese gemäss stehender Praxis aber nicht. Die BA stehe im Austausch mit den Basler Strafbehörden. Gegen den in den Medien genannten Polizisten führe die BA gegenwärtig kein Strafverfahren. Und zur Anzeige von Dittli gebe es nichts Neues zu sagen. Die BA habe am 16. März 2017, gestützt auf einen konkreten Tatverdacht und durch eine bundesrätliche Ermächtigung, ein Strafverfahren wegen des Verdachts des politischen Nachrichtendienstes eröffnet.
UETD-Präsident Murat Sahin sagte zu BLICK, die Vorwürfe seien lächerlich. Trotzdem hat er aber einen Anwalt eingeschaltet.