Die gierigen Vermieter vom Basler Klybeck-Quartier, die heute vor allem Expats mit Knebelverträgen in ihren Mini-Zimmern einquartieren, mussten am Mittwoch vor dem Strafgericht in Basel antraben.
Antonio* (46) und Giovanna G.* (51) sind des gewerbsmässigen Wuchers angeklagt. Der Vorwurf: Zwischen 2012 und 2014 sollen sie 14 Mieter ausgebeutet haben. Der wirtschaftliche Schaden beläuft sich laut Anklage auf 68'000 Franken.
Bruder und Schwester vermieten in einem ihrer Mehrfamilienhäuser möblierte Zimmer an Menschen, die sonst nirgends etwas gefunden hätten. Sozialhilfeempfänger oder verschuldete und arbeitslose Wohnungssuchende fanden im Klybeck-Quartier ein WG-Zimmerchen.
Das Dreifache des ortsüblichen Preises
Was nach Wohltätigkeit klingt, ist aber alles andere als selbstlos: Die Zimmer vermieteten sie bis zum Dreifachen des ortsüblichen Mietzinses. 5,18 Quadratmeter ohne Fenster, ohne Bad und ohne eigene Küche kosteten 630 Franken pro Monat – laut Anklage wären 193 Franken gerechtfertigt gewesen.
Um die Anzahl der Einzelzimmer zu erhöhen, unterteilten die Geschwister die grösseren Zimmer mit dünnen Holztrennwänden. Einzelne Räume hatten dadurch nicht mal mehr ein Fenster.
«Einfach froh, dass ich ein Dach über dem Kopf hatte»
Doch die Bewohner sollen sich gezwungen gesehen haben, den Mietvertrag dennoch zu unterzeichnen, führte die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer aus. Sie zitierte einige Notleidende. «Ich war frisch getrennt und arbeitslos und musste sofort etwas finden. Es war ein kleines Zimmer und sehr teuer», sagte ein Mieter aus. Ein anderer: «Natürlich habe ich eine andere Wohnung gesucht. Aber weil ich Betreibungen hatte, wurde ich überall abgelehnt.»
Ein weiterer Mieter erzählte: «Ich musste bei meiner Frau ausziehen und habe ein paar Tage im Auto gewohnt. Es war sehr kalt. Dann fand ich dieses Zimmer.» Eine Frau, die aus dem Frauenhaus kam, sagte aus: «Den Mietzins fand ich überrissen, weil mein Zimmer kein Fenster hatte. Ich war aber einfach froh, dass ich ein Dach über dem Kopf hatte.»
Die Staatsanwältin fasst zusammen: «Wären die Mieter nicht in dieser Notlage gewesen, hätten sie die Zimmer gar nicht erst genommen.» Nur weil die persönliche Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt gewesen sei, waren sie zwangsläufig mit den Konditionen einverstanden.
Strafverfahren dauert seit Jahren an
Dass die Eigentümer von dieser Zwangslage wussten, stritten ihre Verteidiger vor Gericht ab. Die italienischen Geschwister verweigerten die Aussage.
Als die Strafuntersuchung eröffnet wurde, nahmen die Angeklagten einfach einen neuen Passus in die Verträge auf. Die Mieter mussten bestätigen, dass sie sich in keiner Zwangslage befinden, das Mietobjekt ihren Bedürfnissen entspricht und sie den Mietzins angemessen finden.
Die Staatsanwaltschaft forderte 15 Monate bedingten Freiheitsentzug. Beide Verteidiger beantragten Freisprüche und je 3000 Franken Genugtuung – unter anderem, weil sie der Staatsanwaltschaft prozessuale Mängel ankreiden. Zudem zieht sich die Strafuntersuchung schon fast zehn Jahre hin. Das Urteil soll am Donnerstag fallen.
* Namen geändert