Kleine Plagegeister mit quälender Wirkung: In der Schweiz breitet sich seit Anfang Jahr die Krätzmilbe aus, die beim Kontakt mit menschlicher Haut Probleme verursachen kann. Eine Häufung von Krätze-Erkrankungen wurde seit Anfang Jahr etwa in Kindertagesstätten im Raum Winterthur und Zürich festgestellt, wie die Zürcher Gesundheitsdirektion mitteilt. Nun ergreift der Kanton Massnahmen: Das Kinderspital Zürich und das Kantonsspital Winterthur bieten künftig eine spezielle Sprechstunde dafür an. Für von Krätzefällen betroffene Einrichtungen sowie Gesundheitsfachpersonen wurde eine Hotline eingerichtet.
Wie erkenne ich, dass ich die Krätze habe? Und wie schütze ich mich davor? Blick beantwortet die wichtigsten Fragen zum Parasitenbefall.
Was ist Krätze?
Krätze, in der Fachsprache auch Skabies genannt, ist eine parasitäre Hautkrankheit, die durch die achtbeinige Krätzmilbe Sarcoptes scabiei verursacht wird. Die Milben bohren sich in die Oberflächenschicht der Haut, wo die weiblichen Milben Eier legen. Dies löst beim Menschen eine allergische Reaktion aus. Die ersten Symptome tauchen typischerweise rund drei Wochen nach dem Befall mit den Milben auf, erklärt Simon Müller, leitender Dermatologe am Unispital Basel. Es kommt zu einem starken Juckreiz und einem auffälligen Ausschlag, der an verschiedenen Körperstellen auftreten kann. «Der Juckreiz kommt durch eine Sensibilisierung auf den Milbenkot zustande, das heisst, das eigene Immunsystem braucht so lange, bis es mit einer spürbaren Abwehrreaktion reagiert», so der Mediziner. Weltweit leiden mindestens 200 Millionen Menschen gleichzeitig an Krätze.
Wie wird die Krankheit übertragen?
Krätze ist hochansteckend. Sie wird durch direkten Hautkontakt übertragen. Ein einfacher Handschlag reicht da nicht aus. Die Milben können auch durch befallene Möbel, Kleidung und Bettzeug verbreitet werden. Tiere wiederum übertragen nicht die Art von Krätze, die Menschen befällt.
In den ersten Wochen sind Betroffene zwar schon ansteckend, wissen aber noch gar nichts von ihrem Krätzmilben-Befall. Diese sogenannte Latenz kann aber laut Müller auch eine beruhigende Gewissheit bedeuten: Wenn es mich wenige Tage nach Kontakt mit einem Krätzmilbenfall juckt, dann ist es mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht Ausdruck eines eigenen Befalls, sondern eher des Phänomens des sogenannten «visuell ansteckenden Juckreizes», als Fachbegriff Contagious itch genannt, so der Experte.
«Wenn die Symptome dann manifest sind, wird die Ursache oftmals nicht erkannt. Dies hat mehrere Gründe: Es gibt zahlreiche andere Ursachen für Juckreiz, man kann die Milben von blossem Auge nicht sehen und die Hautveränderungen sind, für nicht speziell klinisch geschultes Personal, oft relativ unspezifisch», erklärt der Dermatologe. «Es kann sogar vorkommen, dass wir Dermatologen unsicher sind, ob ein Krätzmilbenbefall vorliegt oder nicht.»
Wie erkenne ich, dass ich Krätze habe?
Der Krätze-Auschlag kann hautfarben, rot, braun oder violett sein, je nach entsprechendem Hautton. Das Erscheinungsbild variiert ebenfalls. Es kann zu Bläschenbildung, Pusteln, Krustenbildung und grösseren Ekzemen kommen. Um hinter die Ursache des Juckreizes zu kommen, sei es laut Müller aber vor allem wichtig, zu ermitteln, ob charakteristische Körperstellen betroffen sind.
Dazu gehören:
- Handgelenk
- Ellbogen
- Achselhöhle
- Taille
- Gesäss
- Penis
- Bereich zwischen den Fingern und zwischen den Zehen
Dank einer Speziallupe, Abschaben der obersten Hautschicht und Direktnachweis der Milben unter einem Mikroskop gelinge die Diagnosestellung in vielen Fällen, so Müller. Um den Juckreiz zu lindern, verschreiben Ärzte den Betroffenen in der Regel spezielle Cremen oder Lotionen, die direkt auf die Haut aufgetragen werden können. Das Problem: Ärzte stellen mehr und mehr fest, dass Milben gegen die Creme resistent sind. Aus diesem Grund wird teilweise auch die orale Einnahme von Medikamenten empfohlen.
Wie werde ich Krätze-Milben los?
Hat man Krätze-Milben im Haus, sollte die Bettwäsche, Kleidung und andere Textilien, die mit den Milben in Kontakt waren, bei mindestens 60 Grad gewaschen werden. Falls das sofortige Waschen nicht möglich ist, sollte man Textilien für drei bis vier Tage in einem Plastiksack aufbewahren, damit die Milben ganz sicher sterben.
Wie schütze ich mich vor Krätze?
Für manche Menschen ist enger Kontakt zu Personen, die ein erhöhtes Risiko für Krätze haben, unvermeidbar – etwa in der Pflege oder Betreuung. Körperbedeckende Kleidung mit langen Ärmeln und Einweghandschuhe zu tragen, kann dann vor einer Ansteckung schützen. Kommt es trotzdem zu Hautkontakt mit einem Betroffenen, ist es wichtig, Hände und Arme gründlich zu waschen.
Gibt es eine Meldepflicht?
Nein, in der Schweiz existiert keine Meldepflicht für Krätze. Dies erschwert das Überwachen der Krankheit. «Vor zehn Jahren haben wir bei uns deutlich weniger Fälle gesehen, seit der Flüchtlingswelle im Jahr 2015 sind es deutlich mehr», so Müller. Die Ansteckung mit der Krätzmilbe werde durch die engen Platzverhältnisse und schlechten hygienischen Bedingungen während der Flucht begünstigt. In letzter Zeit seien vor allem Bewohnerinnen und Bewohner aus Asylheimen betroffen – aber auch Altersheime.