Darum ist Polizist für viele noch immer ein Traumberuf
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Umfrage bei Aspiranten:Darum ist Polizist für viele noch immer ein Traumberuf

Angepasste Kriterien sollen Personalnot bei Polizei lindern
Keine Altersguillotine, kein Schweizerpass, keine Mindestgrösse

Tiefe Löhne, miese Arbeitszeiten, sinkendes Ansehen: Der einstige Traumberuf Polizist leidet unter fehlender Attraktivität. In zahlreichen Kantonen können teilweise über zehn Prozent der Stellen nicht besetzt werden. Resultat: Die Hürden werden immer mehr gesenkt.
Publiziert: 28.04.2023 um 00:38 Uhr
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Polizeiaspirantinnen und -aspiranten werden in Schaffhausen professionell eingekleidet. Im Herbst beginnen sie ihre Ausbildung an der Polizeischule Ostschweiz.
Foto: Babic Sebastian (bbs)
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Sebastian BabicReporter Blick

Zahlreiche Aspiranten der Schaffhauser Polizei liessen sich am vergangenen Samstag für ihre künftige Aufgabe einkleiden. Siebzehn an der Zahl - Rekord für den kleinen Grenzkanton im Norden.

Die hohe Anzahl an neuen Rekruten ist nicht selbstverständlich. Seit Jahren leidet der Beruf des Polizisten unter sinkendem Ansehen. Vergleichsweise tiefe Löhne und Arbeitszeiten, die nur schwer mit einem vitalen Privatleben vereinbar sind, machen den Beruf, insbesondere für die jüngere Generation, unattraktiv.

Korps-Feldweibel Istepan Gezer (42) freut sich auf den neuen Jahrgang: «Ich darf die zukünftigen Kollegen immer als erster kennenlernen und freue mich, weil wir dringend Nachwuchs brauchen».

Der aktuelle Jahrgang ist aber nur ein Tropfen auf den heissen Stein, denn in der Schweiz herrscht ein gravierender Polizistenmangel. In zahlreichen Kantonen können über zehn Prozent der Stellen nicht besetzt werden, während die Aufgaben immer mehr werden. In den letzten zehn Jahren haben sich beispielsweise die Anrufe in der Einsatzzentrale der Schaffhauser Polizei nahezu verdoppelt. Im gleichen Zeitraum wurde kein einziger zusätzlicher Polizist eingestellt.

Voraussetzungen wurden drastisch gelockert

Um den Polizeiberuf zugänglicher zu machen, verfolgt man zwei Ansätze: Einerseits sollen die Arbeitsbedingungen attraktiver werden. Andererseits muss der Pool an infrage kommenden Kandidaten vergrössert werden. Vor allem bei Letzterem bewegt sich aktuell einiges. So haben sich die Voraussetzungen, wer sich zum Polizisten eignet, in den vergangenen Jahren radikal verändert. Vieles wurde abgeschafft oder zumindest abgeschwächt.

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Die Lockerungen sind von Kanton zu Kanton unterschiedlich und betreffen unter anderem die minimale Körpergrösse oder das maximale Alter. Beides wird in der Praxis mittlerweile flexibel gehandhabt. Selbst sichtbare Tattoos sind mittlerweile erlaubt (ausser im Gesicht und im vorderen Halsbereich). Die RS muss im Unterschied zu früher auch nicht zwangsläufig absolviert worden sein und in einigen Kantonen ist selbst der Schweizerpass keine Voraussetzung mehr, um den Beruf auszuüben. In Basel-Stadt beispielsweise patrouillieren seit Längerem Polizisten, die lediglich einen C-Ausweis besitzen. Seit April dieses Jahres ist dies auch im Kanton Graubünden möglich.

Neue Generation, neue Probleme

Im Hinblick auf die junge Generation, die vermehrt auf den Arbeitsmarkt drängt, müssen auch die Arbeitsbedingungen verbessert werden. Junge Leute haben andere Bedürfnisse als noch ihre Mütter und Väter. Die Vereinbarkeit zwischen Beruf und Familie wird immer wichtiger. Bei einigen Korps kann man deshalb mittlerweile mit kleineren Pensen arbeiten.

Trotz aller persönlichen Entbehrungen, die der Beruf mit sich bringt, besteht auf lange Sicht gesehen Hoffnung. Alleine in der Ostschweizer Polizeischule starten dieses Jahr 121 Aspiranten in einen neuen Karriereabschnitt - knapp 30 mehr als in den letzten Jahren. Viele von ihnen erfüllen sich damit einen Kindheitstraum.

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