Affäre um Herzchirurgie am Zürcher Unispital
Staatsanwaltschaft ficht Freispruch für Ex-Klinik-Chef an

Im Verfahren gegen Paul Vogt gelangt die Staatsanwaltschaft ans Obergericht. Das Bezirksgericht hatte die Anklage gegen ihn ganz abgewiesen. In den von Vogt vorgebrachten Fällen von Eingriffen mit Todesfolge hat die Justiz bisher jedoch keine Strafuntersuchung eröffnet.
Publiziert: 07.07.2024 um 00:35 Uhr
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Aktualisiert: 07.07.2024 um 14:35 Uhr
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Das Bezirksgericht hat Herzchirurg Paul Vogt vollumfänglich freigesprochen.
Foto: Sobli
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Andreas SchmidInlandredaktor

Die Zürcher Staatsanwaltschaft will den Freispruch für den Herzchirurgen Paul Vogt (67) nicht hinnehmen. Sie zieht das Urteil des Bezirksgerichts Zürich ans Obergericht weiter. Der frühere Chef der Herzchirurgie am Universitätsspital Zürich war angeklagt worden, weil er in einem Operationsprotokoll die Dauer des Eingriffs viel zu kurz angegeben und einen mit ihm operierenden Arzt nicht aufgeführt hatte.

Der Patient war bei der Operation gestorben, das Strafverfahren wegen Verdacht auf fahrlässige Tötung hatte die Staatsanwaltschaft schon vor längerer Zeit eingestellt. Weder Vogt noch andere am Eingriff Beteiligte hätten den Patienten retten können, hatte ein Gutachten ergeben.

Anklage abgewiesen

Die verbleibenden Vorwürfe zerzauste die Bezirksrichterin im April. Sie befand, Professor Paul Vogt habe «mitnichten» versucht, etwas zu beschönigen. Deshalb sprach sie ihn vollumfänglich von der Anklage der Urkundenfälschung frei. Die Staatsanwaltschaft will nun aber, dass das Obergericht den Fall neu prüft. Sprecher Erich Wenzinger teilt auf Anfrage von Blick mit: «Die Staatsanwaltschaft hat sich entschieden, Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil einzureichen.» Was zu diesem Schritt geführt hat und weshalb die Staatsanwaltschaft weiter gegen den Herzchirurgen vorgeht, führt Wenzinger nicht aus: «Weitere Angaben machen wir nicht zu diesem laufenden Verfahren.» Vogts Anwalt Cornel Borbély will das Vorgehen der Staatsanwaltschaft nicht kommentieren.

Bis vor eineinhalb Jahren war Paul Vogt Chef der Herzklinik am Universitätsspital Zürich. Vor Bezirksgericht wies er darauf hin, dass er bei Amtsantritt eine Liste von Todesfällen und Operationen mit Komplikationen sowie Patientenschädigungen aus der Zeit seines Vorgängers Francesco Maisano vorgefunden habe. Er habe dies seinen Vorgesetzten gemeldet, weil ihm gewisse Umstände ungewöhnlich vorgekommen seien.

Neue Schlagzeilen

Die deutsche Zeitung «Welt am Sonntag» hat vor einer Woche ausführlich über die Verwendung mangelhafter Implantate am Universitätsspital Zürich unter Maisano berichtet, dessen Beteiligung am Produkt beleuchtet sowie weitere Fälle beschrieben. Seither stellt sich noch drängender die Frage, warum die Staatsanwaltschaft die mutmasslichen Offizialdelikte nicht mit einer Strafuntersuchung klärt. Sprecher Erich Wenzinger sagt dazu: «Welche Erkenntnisse wir aus Medienartikeln allenfalls ziehen, kommentieren wir nicht öffentlich.»

Zur Verwendung der Aussagen von Herzchirurg Vogt im Zusammenhang mit früheren missglückten Operationen hält Wenzinger fest, die Staatsanwaltschaft analysiere derzeit das Verhandlungsprotokoll des Bezirksgerichts zum Prozess gegen Paul Vogt: «Wir sind daran, den Inhalt zu prüfen», sagt Wenzinger. Die Strafverfolgungsbehörden gingen Offizialdelikten von Amtes wegen nach. «Für die Aufnahme von Ermittlungen müssen jedoch konkrete Hinweise auf eine Straftat vorliegen.»

Defensive Gesundheitsdirektion

Diesbezüglich interessiert, ob die Gesundheitsdirektion von Regierungsrätin Natalie Rickli (47) die Fälle, von denen sie in Kenntnis ist, nun neu aufrollt. Ricklis Sprecher Patrick Borer verweist darauf, dass die Vorkommnisse von verschiedenen Stellen «unabhängig» untersucht worden seien. Unter anderem hatte sich der Kantonsrat mit der kritisierten Herzchirurgie am Unispital befasst.

Dieses hatte in der Vergangenheit stets betont, es seien keine Patienten zu Schaden gekommen. Dennoch gab das Spital im Mai bekannt, mit einer Taskforce alle Todesfälle in der Herzchirurgie zwischen 2016 und 2020 zu untersuchen. Zusammengestellt werde das Gremium aus unabhängigen internationalen Experten, Medizinern und Juristen.

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