Schon seit 43 Jahren lebt Jovica Mitrovic (54) in der Schweiz. Direkt nach seiner Ausbildung beginnt er, hierzulande als Bauarbeiter zu arbeiten. Es ist sein Traumjob. «Ich kann gar nichts anderes», gibt der gebürtige Serbe mit einem Schmunzeln zu.
Vor sechs Jahren aber kommt die niederschmetternde Diagnose: Arthrose in Mitrovics Kniegelenken. «Ich hatte zwar schon länger Knieschmerzen», erklärt der Familienvater, der in Vicques JU wohnt. «Aber damit hätte ich wirklich nie gerechnet.»
«Ich brauche jetzt ein künstliches Gelenk»
Dem Serben werden daraufhin zahlreiche Schmerzmittel verschrieben. «Ich bin weiterhin zur Arbeit gegangen», erzählt er. «Ich wollte nicht einfach zu Hause herumsitzen und nichts tun.» Trotzdem fällt er krankheitsbedingt immer wieder aus. Und wenn er mal die Kraft hat, auf die Baustelle zu gehen, so muss er dort immer wieder längere Pausen einlegen.
Um wieder normal arbeiten und leben zu können, möchte Jovica Mitrovic jetzt ein künstliches Kniegelenk. Eine Massnahme, die allerdings nur als letztes Mittel bei schwerer Arthrose ergriffen wird. Laut Ärzten ist das bei Mitrovic aber noch nicht so weit. «Man sagt mir, dass ich erst mit 60 ein Implantat bekommen kann. Dann bringt es mir auch nichts mehr», sagt der Bauarbeiter verzweifelt. «Ich brauche das künstliche Gelenk jetzt, damit ich auf die Baustelle kann, und nicht, um damit nach meiner Pension auf dem Sofa zu sitzen.»
Körpergewicht und Abnutzung sprechen gegen OP
Auf Anfrage von Blick bestätigt Stefan Preiss (60), Chefarzt für Kniechirurgie in der Schulthess-Klinik Zürich: «Das Durchschnittsalter beim Einsetzen von Knieprothesen liegt bei 68 Jahren.» Allerdings würden in Einzelfällen auch schon 20-jährige Patienten mit entzündlichen Erkrankungen der Gelenke oder nach Frakturen eine Prothese bekommen.
Warum Ärzte einem Patienten in Einzelfällen aber keine künstlichen Kniegelenke einsetzen möchten, erklärt Preiss so: «Es kann sein, dass der Patient zu dick, zu krank oder die Arthrose zu wenig fortgeschritten ist. Auch das Risiko einer Infektion oder eine zu schnelle Abnutzung der Implantate sind mögliche Gründe.» Gerade die Abnutzung aufgrund seines Berufs und sein Körpergewicht sind bei Mitrovic zentrale Themen.
Bis zum 16. Mai auf der Baustelle
Trotzdem versteht Mitrovic nicht, warum die Ärzte ihm kein Implantat geben wollen. «Ich möchte dem Steuerzahler nicht auf der Tasche liegen. Ich will keine IV-Rente, sondern arbeiten», erklärt er. «Alles, was ich dazu brauche, ist ein neues Kniegelenk.» Zudem seien zwei künstliche Kniegelenke mit Sicherheit günstiger, als jahrelang eine IV-Rente zu beziehen.
Das letzte Mal zur Arbeit ging Mitrovic am 16. Mai. «Wir haben an einem Hotel gebaut», erzählt er. «Dort hatte es eine Stufe. Meine Beine waren so schwach, dass ich darüber gestolpert bin und meine Knie aufgeschlagen habe. Das war der Moment, an dem ich realisiert habe: Jetzt ist Schluss.»
Seither tut Mitrovic, was er nie wollte: zu Hause tatenlos herumsitzen. Schon bald wird er sich wohl bei der Invalidenversicherung melden müssen.
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