Achtung vor Lügen im Netz
Wer Fake News in der Schweiz verbreitet

Auch Schweizer Internetportale verbreiten Fake News. Der Beobachter hat hingeschaut, wie falsche Behauptungen flugs zur alternativen Wahrheit werden – und wer dahintersteckt.
Publiziert: 17.04.2025 um 16:32 Uhr
|
Aktualisiert: 17.04.2025 um 16:40 Uhr
Hauptsache, laut: Bei Alternativmedien gut aufpassen. (Symbolbild)
Foto: Shutterstock

Darum gehts

Die Zusammenfassung von Blick+-Artikeln ist unseren Nutzern mit Abo vorbehalten. Melde dich bitte an, falls du ein Abo hast.
Alexander Lüthi
Alexander Lüthi
Beobachter

«Geheimnisvolle Fäden auf Wiesen und Feldern» – diese Meldung geisterte vor wenigen Wochen durchs Internet. Verbreitet vom Internetportal Hoch2 TV. Angeblich sollen «mysteriöse Fäden» die Schweizer Landbevölkerung vergiften und in die Städte treiben. 

Dass es sich dabei um eine falsche Behauptung, also um Fake News, handelt, zeigte sich dank einer Recherche des Vereins Fairmedia relativ rasch. Doch solche irreführenden Meldungen tauchen immer wieder im Netz auf.

Alternativmedien in der Schweiz

Wie Recherchen des Beobachters zeigen, ist der Kanal Hoch2 TV nur eines von zahlreichen Internetportalen, die derartige Meldungen verbreiten. Weil diese einer unabhängigen Faktenprüfung in den seltensten Fällen standhalten, sucht man sie in den Kanälen etablierter Medienverlage meist vergeblich. Zu finden sind sie dafür auf sogenannten Alternativmedien wie Uncut-News, Legitim oder Klagemauer TV. Sie alle nutzen zur Verbreitung ihrer Inhalte vorwiegend die Social-Media-Plattform Telegram.

Artikel aus dem «Beobachter»

Das ist ein Beitrag aus dem «Beobachter». Das Magazin berichtet ohne Scheuklappen – und hilft Ihnen, Zeit, Geld und Nerven zu sparen.

Probieren Sie die Mobile-App aus!

Das ist ein Beitrag aus dem «Beobachter». Das Magazin berichtet ohne Scheuklappen – und hilft Ihnen, Zeit, Geld und Nerven zu sparen.

Probieren Sie die Mobile-App aus!

Eine Liste des Vereins Fairmedia Schweiz erfasst inzwischen über 200 solcher Telegram-Kanäle mit Schweizer Bezug, also Kanäle, die regelmässig Schweizer Themen aufgreifen oder in der Schweiz betrieben werden. Fairmedia ist ein unabhängiger, spendenfinanzierter Verein, der sich für faire Berichterstattung und gegen Fehlinformation engagiert. Seit 2023 analysiert und beobachtet der Verein mit dem Projekt Fairmediawatch ausserdem die Verbreitung von Fake News in der Schweiz.

Bis zu 100’000 Abonnenten

Die von Fairmedia identifizierten Telegram-Kanäle erreichen ein beachtliches Publikum. Die grössten Alternativmedien zählen bis zu 100’000 Abonnentinnen und Abonnenten, wovon gemäss Fairmedia allerdings zahlreiche aus Deutschland und Österreich stammen. «Viele dieser Medien erreichen den gesamten deutschsprachigen Raum», sagt Projektmitarbeiter Tobias König.

Entsprechend international sind die behandelten Themen. Die Schweiz spielt bestenfalls eine Nebenrolle. Stattdessen dominieren Meldungen über den Ukrainekrieg, Donald Trump, die deutsche Politik – und immer noch: die Corona-Pandemie.

Täglich erscheinen neue Beiträge über angebliche Impfnebenwirkungen wie «Turbokrebs» oder Verbindungen zwischen Affenpocken und Corona-Impfstoffen. Gemäss König liegt das daran, dass viele dieser Medien entweder während der Pandemie entstanden oder in dieser Zeit stark an Reichweite gewannen: «Corona verbindet die Leser und bindet sie weiterhin an die Alternativmedien.»

Die meisten Artikel stammen dabei nicht aus einer eigenen Redaktion, sondern von Internetblogs oder sind zugesandte Beiträge. So veröffentlicht beispielsweise Uncut-News, eine der grössten Plattformen dieser Art, Beiträge von rechten Aktivisten wie Peter Sweden oder russischen Propagandasendern wie Russia Today.

Fake News ist nicht gleich Fake News

Nicht jede Meldung ist dabei so offensichtlich falsch wie diejenige über die «mysteriösen Fäden». Oft verschwimmen bei Alternativmedien die Grenzen zwischen Tatsachenberichten und falschen Behauptungen.

Ein Beispiel: der Beitrag von Klagemauer TV mit dem Titel «Labor-Futter für ‹klimaschädliche› Kühe». Er greift ein reales Ereignis auf: In Grossbritannien nutzen Zuchtbetriebe einen Futtermittelzusatz namens Bovaer, der den Methanausstoss von Kühen um bis zu 30 Prozent senken soll. Doch der Artikel stellt nicht nur in Frage, ob Kühe überhaupt klimaschädlich sind. Er suggeriert auch, Bovaer sei gesundheitsschädlich.

Dabei gibt es weder im Artikel noch sonst irgendwo Belege dafür. Studien zeigen, dass der Wirkstoff im Futtermittelzusatz weder in die Milch noch ins Fleisch gelangt und für Mensch und Tier unbedenklich ist. 

Zusätzlich konstruiert der Beitrag eine Verbindung zu Bill Gates, die so nicht existiert. Zwar hat eine von ihm unterstützte Investmentgruppe in ein Unternehmen investiert, das den Methanausstoss von Kühen reduzieren will. Dieses Unternehmen hat jedoch nichts mit Bovaer zu tun, sondern setzt auf einen anderen Futtermittelzusatz aus Algen. Ohne zu sagen, wie genau, unterstellt der Artikel jedoch, Bill Gates stehe in direkter Verbindung mit diesem laut Text «gesundheitsschädlichen» Präparat.

Es entsteht ein Klima des Misstrauens

Dass ein Autor eine technologische Entwicklung kritisch betrachtet, ist legitim und auch durchaus wichtig. Wenn dabei aber unbelegte Behauptungen als Fakten präsentiert und falsche Zusammenhänge konstruiert werden, wird es heikel. Die Grenze zwischen Fakten und Spekulation verschwimmt, und es entsteht ein Klima des Misstrauens, dem mit sachlichen Argumenten nur schwer zu begegnen ist.

Ein Muster, das sich bei vielen Alternativmedien zeigt: Einzelpersonen wie eben Bill Gates oder auch Organisationen wie das WEF werden als Drahtzieher vermeintlich gefährlicher globaler Entwicklungen dargestellt. «Im Kern zahlreicher Beiträge steht oft die Angst, von einer Elite kontrolliert zu werden», sagt Tobias König von Fairmedia. 

Oft intransparente Urheber

Wer sich hinter diesen Plattformen und Kanälen verbirgt, wird sehr unterschiedlich transparent gemacht. Einige sind als Publikationen von Einzelpersonen aufgebaut, deren Meinung stets im Vordergrund steht, etwa der Telegram-Kanal Bittel TV von Roger Bittel oder derjenige von Verschwörungstheoretiker Daniele Ganser. Wer hinter Klagemauer TV steht, ist zwar nicht auf den ersten Blick ersichtlich. Eine kurze Beobachter-Recherche zeigt jedoch schnell: Es handelt sich um den Schweizer Sektenprediger Ivo Sasek.

Andere Alternativmedien agieren hingegen bewusst im Verborgenen. Ein Impressum sucht man zum Beispiel auf Uncut-News vergebens. Auch eine Anfrage des Beobachters zu den registrierten Inhabern der entsprechenden Internetadressen bleibt ohne Erfolg, da sie sich hinter sogenannten Domain-Treuhand-Adressen verstecken. 

Ebenfalls unklar bleiben die Ziele. König vermutet, dass einige Betreiber fest an das von ihnen verbreitete Weltbild glauben und andere Leute darüber «aufklären» wollen. Daneben gibt es aber auch gezielte Desinformationskampagnen, etwa aus Russland. Sie liefern den Stoff, den zum Beispiel Russland zugeneigte Personen gern aufnehmen und weiterverbreiten. «Dabei haben die russischen Kampagnen ein klares Ziel: die westlichen Gesellschaften zu spalten», sagt König.

Das beliebteste Quiz der Schweiz ist zurück.
Jetzt im Blick Live Quiz abräumen

Spiele live mit und gewinne bis zu 1'000 Franken! Jeden Dienstag, Mittwoch und Donnerstag ab 19:30 Uhr – einfach mitmachen und absahnen.

So gehts:

  • App holen: App-Store oder im Google Play Store
  • Push aktivieren – keine Show verpassen

  • Jetzt downloaden und loslegen!

  • Live mitquizzen und gewinnen

Das beliebteste Quiz der Schweiz ist zurück.

Spiele live mit und gewinne bis zu 1'000 Franken! Jeden Dienstag, Mittwoch und Donnerstag ab 19:30 Uhr – einfach mitmachen und absahnen.

So gehts:

  • App holen: App-Store oder im Google Play Store
  • Push aktivieren – keine Show verpassen

  • Jetzt downloaden und loslegen!

  • Live mitquizzen und gewinnen

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Liebe Leserin, Lieber Leser
Der Kommentarbereich von Blick+-Artikeln ist unseren Nutzern mit Abo vorbehalten. Melde dich bitte an, falls du ein Abo hast. Noch kein Blick+-Abo? Finde unsere Angebote hier:
Hast du bereits ein Abo?