Zum 18. Geburtstag kommt die Betreibung
Schluss mit der Sippenhaft bei Prämien-Schulden

Für Betroffene ist es eine grosse Erleichterung: Ab dem 1. Januar können junge Erwachsene für die Krankenkassen-Schulden, die ihre Eltern zu verantworten haben, nicht mehr betrieben werden.
Publiziert: 27.11.2023 um 17:44 Uhr
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Aktualisiert: 27.11.2023 um 18:20 Uhr
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Für Jugendliche aus verschuldeten Familien ist die bisherige Regelung eine Belastung: Sie können ab dem 18. Geburtstag betrieben werden.
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Lea HartmannRedaktorin Politik

Kaum erwachsen, steht die junge Frau vor einem Schuldenberg: 7000 Franken hat sie der Krankenkasse zu zahlen. Und sie kann nichts dafür. Ihre Mutter hatte die Prämien für sie nicht bezahlt, als sie noch minderjährig war. Jetzt muss die Schülerin dafür geradestehen.

Christoph Walter arbeitet bei der JuBe Anlaufstelle für junge Menschen bis 25, der Jugendberatung der Jugendarbeit Basel. Er berät die 18-Jährige und schildert ihre Geschichte. Sie ist kein Einzelfall. Immer mal wieder beraten Walter sowie seine Kolleginnen und Kollegen Jugendliche, deren Eltern die Krankenkassen-Rechnungen nicht beglichen. Bislang gerieten die jungen Erwachsenen mit dem 18. Geburtstag unweigerlich in die Schuldenfalle. 

Schuldenberater freuen sich

Künftig soll das nicht mehr vorkommen. Schon im Frühling vergangenen Jahres hatte das Parlament beschlossen, dass Junge nicht mehr für die Krankenkassenschulden geradestehen müssen, die ihre Eltern verursacht haben. Nun, auf den 1. Januar 2024, tritt diese Änderung schliesslich in Kraft. Das hat der Bundesrat vergangene Woche beschlossen.

Der Schritt sei «längst überfällig», sagt Pascal Pfister, Geschäftsführer des Dachverbands Schuldenberatung Schweiz. «Eigentlich handelt es sich bei der heutigen Regelung um eine Form der Sippenhaft», kritisiert er. Gemäss Zahlen des Bundes leben rund fünf Prozent der Bevölkerung in einem Haushalt mit mindestens einem Zahlungsrückstand bei den Krankenkassenprämien. 

Der Bundesrat hatte indes lange keinen Handlungsbedarf gesehen. 2017 lehnte er die Forderung der SP nach einer Gesetzesänderung ab. Dann kams zum überraschenden Sinneswandel: Als ein Jahr später ein SVP-Vertreter genau die gleiche Forderung stellte, war die Landesregierung plötzlich dafür. 

Am 18. Geburtstag kommt die Betreibung

Ab nächstem Jahr gilt, dass Jugendliche für Krankenkassenschulden aus der Zeit, in der sie noch minderjährig waren, nicht mehr betrieben werden dürfen. Und sie dürfen trotz dieser Altlasten zu einer anderen, günstigeren Krankenkasse wechseln. Allerdings gilt das neue Gesetz nur für Jugendliche, die nach dem 1. Januar 2024 volljährig werden. Wer vor dem 1. Januar 2006 geboren ist, hat Pech gehabt.

Besonders die Änderung bei der Krankenkassenwahl ist laut Walter entscheidend. Die Krankenkassen gingen heute nämlich ganz unterschiedlich mit Prämienschulden von Kindern um. Es gibt Versicherer, die schicken pünktlich zum 18. Geburtstag eine Betreibung. Oftmals aber erfahren Jugendliche erst dann von den weitergegebenen Schulden, wenn sie die Kasse wechseln wollen – und erfahren, dass das wegen der ausstehenden Zahlungen nicht geht.

Es kommt auch vor, dass dubiose Broker den betroffenen Jugendlichen eine neue Kasse andrehen, obwohl das rechtlich gar nicht zulässig ist. So geraten sie erst recht in einen Strudel von Problemen.

Bis zur Schuldenfreiheit dauerts Jahre

«Für viele Jugendliche ist es ein Schock, wenn sie von den Prämienschulden erfahren», erzählt Jugendberater Walter. Denn so schnell werden sie diese nicht los. Viele sind noch in der Schule und verdienen kaum oder kein Geld.

So auch die junge Frau, die Walter berät. Sie macht die Fachmittelschule, möchte später studieren. Für sie kommt das neue Gesetz zu spät. Bis sie die Prämienschulden abbezahlt hat, wird es Jahre dauern.

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