Es waren Riesen, ungeheure Riesen! Gewappnet mit Schild und Speer sprengte Don Quijote im vollsten Galopp los und griff die erste Windmühle vor ihm an. Er hielt sie für feindliche Riesen – getarnt durch einen bösen Zauber.
Als die tragisch-komische Romanfigur von Miguel de Cervantes aber zum Lanzenstoss ansetzte, drehte sich der Flügel der Windmühle so stark, dass der Speer brach und Ross und Reiter übel zugerichtet übers Feld hinkugelten. Die Redewendung «gegen Windmühlen kämpfen» war entstanden, wenn ein Unterfangen von Anfang an aussichtslos ist.
Der Bundesrat soll abfahren
Ähnlich schlecht stehen die Erfolgsaussichten für das neuste Abenteuer von Pius Lischer (58). Der Aargauer Tausendsassa und seine Getreuen wollen nicht weniger, als die Schweizer Eidgenossenschaft in ihren Grundfesten erschüttern. Das Parlament soll aufgelöst, der Bundesrat nach Hause geschickt werden. Die private Gruppierung sammelt Unterschriften für eine Volksinitiative, die eine komplett neue Bundesverfassung zum Ziel hat.
«Wir wollen, dass die Verfassung das massgebende Recht wird», begründet Lischer. Dem Komitee ist es ein Dorn im Auge, dass sich das Bundesgericht und andere rechtsanwendenden Behörden gemäss der heutigen Verfassung nach Gesetzen und Völkerrecht zu richten haben – und nicht nach der Verfassung.
Das soll sich ändern. Die künftige Verfassung soll Freiheit, Chancengleichheit, Gesundheit und Nachhaltigkeit garantieren. Die Initianten träumen ausserdem von einer «nachhaltigen gerechten Zukunft ohne Zwangsabgaben und Steuern». Diese wollen sie ersetzen durch zweckgebundene Lenkungsabgaben. Zudem müssten Sozialversicherungen durch ein Grundeinkommen ergänzt und ersetzt werden.
Ein Aargauer, der niemals aufgibt
Lischer ist kein Unbekannter. Genauso wie Don Quijote hat er schon manche kühne Schlacht geschlagen. So wie die Romanfigur eine Hammelherde attackiert hat, die er für ein mächtiges Heer hielt, oder einen «blutigen Kampf» mit einigen Weinschläuchen bestanden hat, scheint auch der Aargauer niemals aufzugeben.
Der IV-Rentner hat schon mehrere Volksinitiativen lanciert. Keine ist zustande gekommen. Er startete mehrfach Volksbegehren für ein bedingungsloses Grundeinkommen. Und er tritt seit Jahren hartnäckig fast überall an, wo es ein politisches Amt zu besetzen gilt. Er habe ja sonst nichts anderes zu tun, sagte er einst zu Blick.
Vier Mal versuchte er es bei Ständeratswahlen, mehrmals kandidierte er erfolglos für den Regierungsrat. Auch die Wahl ins Kantonsparlament und sogar in den Bundesrat wollten dem bekennenden Kiffer nicht gelingen.
Wer hilft, soll kandidieren dürfen
Das neunköpfige Komitee hat nun anderthalb Jahre Zeit, um für die neuste Initiative die nötigen 100'000 Unterschriften zu sammeln. Wer Lischer dabei hilft, soll davon profitieren. Er soll dann für das neue Parlament kandidieren können, das die neue Verfassung schreiben und den Bundesrat neu wählen würde.
Für Don Quijote haben seine Abenteuer kein gutes Ende genommen. Meist endeten sie mit heftigen Prügeln, bis der «Ritter von der traurigen Gestalt» übel zugerichtet begleitet von seinem treuen Knappen Sancho Panza auf einem Ochsenkarren endlich wieder heimkehrt.
Ein solches Ende hat Lischer nicht zu befürchten. Seinen Kampf gegen Windmühlen will er nicht so schnell aufgeben. (dba)