Damit haben wohl die wenigsten gerechnet: Zürich! Ausgerechnet Zürich, grösste Stadt der Schweiz und Heimat der SRG, scheidet schon in der ersten Runde als ESC-Austragungsort aus. Der nächste Eurovision Song Contest wird entweder in Basel oder Genf stattfinden. Das hat die SRG am Freitag mitgeteilt. Aus dem Rennen sind damit die Bewerbungen aus Zürich und Bern/Biel.
Katzenjammer in Zürich! Der Stadtrat zeigt sich sehr enttäuscht. «Zürich und der ESC – das hätte einfach gepasst», findet Stadtpräsidentin Corine Mauch (64). Ganz viele Zürcherinnen und Zürcher innerhalb und ausserhalb der Stadtverwaltung hätten in den letzten Wochen enorm viel Energie und Herzblut in die Kandidatur gesteckt.
Entscheid stösst auf Unverständnis
Auch aus der Politik war der Rückhalt da: Gemeinderat und Kantonsrat genehmigten bereits 25 Millionen Franken für die Planung und Durchführung. Die Stadt will die Gründe für den negativen Entscheid nun genau analysieren.
Und dennoch: Zürich – 0 Punkte! Für das Pro-Komitee «Züri isch ESC» ist der Entscheid unverständlich. Er werde ausserordentlich bedauert.
Referendums-Risiko schreckte SRG ab
Enttäuschung herrscht auch in Bern. «Die uns genannten Gründe sind allerdings nachvollziehbar», sagt der Berner Stadtpräsident Alec von Graffenried (61). So habe die SRG Risiken bei der Durchführung in der sich noch im Bau befindenden neuen Berner Festhalle gesehen. Diese wird erst Ende März 2025 fertiggestellt, wenige Wochen vor dem ESC. «Mit allfälligen Kinderkrankheiten wäre dann die SRG konfrontiert gewesen.»
Zum anderen gab es in Bern/Biel Referendumsdrohungen. Eine Volksabstimmung habe die SRG offensichtlich vermeiden wollen, sagt von Graffenried. Zwar gebe es auch ESC-Gegner in Basel und Genf, doch in Bern und Zürich seien die Referendumsdrohungen am lautesten gewesen.
Tatsächlich dürften in Bern und Zürich das Risiko eines Referendums am grössten sein. In Bern braucht es nur 1500 Unterschriften, in Zürich 2000. Angesichts der grossen Bevölkerung hätten die Gegner die nötigen Unterschriften vermutlich problemlos zusammenbekommen. Auch in Basel sind 2000 Unterschriften nötig für ein Referendum, in Genf sind es mit 2400 etwas mehr.
ESC-Gegner frohlocken
Aus Bern sind allerdings auch andere Töne zu hören. Bei den ESC-Gegnern löst der Vorentscheid Genugtuung aus. «Wunderbar», findet etwa Grünen-Stadträtin Simone Machado (55) das Aus der Kandidatur von Bern und Biel. Ihre Partei hatte zusammen mit der SVP, der EDU und der Bürgerbewegung Aufrecht Bern das Referendum gegen den Stadtberner Beitrag von sieben Millionen Franken angedroht.
Sie befürchteten wochenlange Unannehmlichkeiten und Einschränkungen für die Bevölkerung wegen der enormen Sicherheitsvorkehrungen. Zudem widerspreche der Anlass den Bestrebungen der Stadt für mehr Klimaschutz, und er liege terminlich ungünstig zwischen der Frühjahrsmesse BEA und der Frauen-Fussball-EM.
EDU kündigt Referenden an
Doch auch in Basel und Genf ist mit Widerstand zu rechnen. Noch am Freitag kündigte die EDU an, sich mit voller Kraft auf die Vorbereitung von Referenden zu konzentrieren. Die Partei werde alles daransetzen, die Staatsbeiträge an den ESC in diesen Kantonen vors Volk zu bringen: «Die Steuerzahler dürfen nicht dazu gezwungen werden, eine solche Propaganda-Show, wie der ESC leider eine geworden ist, mitzufinanzieren.»
Die Berner Kandidatur sah vor, den Anlass in der neuen Festhalle auf dem Bernexpo-Areal durchzuführen. Diese ist noch im Bau und wird erst Ende März 2025 fertiggestellt, wenige Wochen vor dem ESC.
In Genf würde das Palexpo-Messegelände direkt neben dem Flughafen zur Austragungsstätte. Dort wollen die Behörden 30 Millionen Franken für den Anlass bereitstellen. Kommt Basel zum Zug, wird der Eurovision Song Contest (ESC) in der St. Jakobshalle ausgetragen. Die SRG will den definitiven Entscheid Ende August kommunizieren.