Das Burning-Man-Festival in der Wüste des US-Bundesstaates Nevada ist Geschichte – und hat in seiner Version 2023 Geschichte geschrieben: als wohl schlammigstes Open Air des Jahres. Vor Ort war auch SRF-Moderatorin Gülsha Adilji (37) – als Blick mit ihr am Dienstag spricht, ist sie «gerade wieder in der Zivilisation angekommen.» Ein Bus habe die Ostschweizerin vorbei an der Auto-Karawane nach San Francisco gebracht. So viel Glück hätten aber lange nicht alle, erklärt sie: «Meine Freunde sitzen schon seit acht Stunden im Stau – und vielleicht müssen sie genau noch einmal so lange ausharren.» Ins Wasser gefallen sei das Festival aber keinesfalls, urteilt Adilji: «Das wurde von den Medien total aufgebauscht. Es sind weder Pest noch Cholera ausgebrochen, noch haben wir begonnen, uns gegenseitig aufzufressen.»
Vielmehr hat die Moderatorin gemeinsam mit ihren Freunden versucht, aus der Not eine Tugend zu machen: «Wir haben uns ausgeholfen, wenn es an irgendwas gefehlt hat – egal ob Essen, Internet oder gute Laune.» Allein die Toiletten-Lage sei prekär gewesen. «Irgendwann waren die WCs überfüllt. Die Trucks kamen nicht mehr durch den Schlamm und konnten sie entleeren.» Um pinkeln zu gehen, «musste ich auf einen Becher ausweichen: Das war interessant – gelinde gesagt.» Sein Geschäft auf dem Boden zu verrichten sei keine Option gewesen – das Burning Man befindet sich in einem Naturschutzgebiet. Trotz einiger Widrigkeiten habe der Regen die Menschen aber zusammengeschweisst.
Auch Ruedi Noser sass in der Matsch-Hölle fest
Auch der Zürcher Ständerat Ruedi Noser (62) sass in der Wüste fest. Seit 2017 fährt er regelmässig zum Burning Man. Das Unglück habe während eines Konzerts begonnen. Auf der Bühne improvisierte ein Pianist mit einem Sänger und das Publikum stampfte vor Begeisterung. Da frischte der Wind auf und plötzlich begann es zu regnen. «Wir wussten: Jetzt müssen wir auf dem schnellsten Weg in unser Camp», sagt Noser. Denn Wüstenstaub verwandelt sich innert 30 Minuten in Schlamm. Wer sich zu Fuss bewegen wollte, musste Plastiksäcke um die Schuhe schnüren, um dem Griff der braunen Masse zu entkommen.
Raclette-Party im Dreck
Was die Lage zusätzlich erschwerte: Die Black-Rock-Wüste, in der das Open Air stattfindet, liegt im Nirgendwo, bis zur nächstgelegenen Stadt gilt es 180 Kilometer an karger Landschaft zu überwinden. Läden gibt es am Festival keine. Die Besucher müssen jeweils alles mitbringen, sich selbst versorgen. Da viele wegen der Schlammmassen mehrere Tage festsassen, haben die Organisatoren dazu aufgerufen, Wasser, Essen und Benzin zu rationieren und zu teilen.
Dass der Ausnahmezustand unter den Teilnehmenden eine grosse Solidarität ausgelöst habe, kann neben Adilji auch Noser bestätigen. Er selbst hat zu einer Schweizer-Spezialität gegriffen, um seinen Mitmenschen zu helfen: «Wir haben eine Raclette-Party organisiert. Dadurch konnten sich die Festivalbesucher beim anhaltenden Nieselregen aufwärmen.»
Noch habe Noser genug Essen, da er in der Regel eher zu viel als zu wenig mitnehme. Und auch ein Wohnmobil habe ihn und seine Partnerin geschützt. Denn: «Wer in einem Zelt nächtigte, lief Gefahr, geflutet zu werden», sagt Noser.
Noser musste Abreise verschieben
Bereits am Montag hatte sich die Lage gebessert, dank schönem Wetter am Montag konnte ein Grossteil des Schlamms trocknen. Noser hatte da bereits mit dem Abbau seines Camps begonnen. Wegen der Autokarawane verschob der Politiker seine Abreise um einen Tag.
Die Stimmung scheinen ihm die Eskapaden nicht vermiest zu haben: «Man stellt sich darauf ein, mehrere Tage in einer lebensfeindlichen Umgebung zu bleiben.» Die Schlammmassen hätten ihm keine Sorgen bereitet, denn letztlich stecke man beim Burning-Man-Festival immer in einer Wüste fest.