Der Mitte geht es zurzeit gar nicht schlecht – die Umfragen für die anstehenden Wahlen sagen zumindest keine weiteren Verluste voraus. Bei den anstehenden Wahlen im Zürich am 12. Februar könnte sogar ein leichtes Wachstum herausschauen. Es wäre seit vielen Jahren das erste für die Partei, die früher CVP hiess.
Doch die Mitte könnte Unglück im Glück haben: Gemäss einer neuen Umfrage des Forschungsinstituts Sotomo im Auftrag des «Tages-Anzeigers» droht der Mitte-Regierungsrätin Silvia Steiner (64) die Abwahl.
Alle würden nur von Steiner reden
Gemäss der Umfrage kommt sie auf genau den gleichen Wähleranteil wie die SP-Herausfordererin Priska Seiler Graf (54). 36 Prozent aller Befragten würden beide Frauen auf den Wahlzettel schreiben. Seiler Graf führt damit die Liste der Angreifer an, während Steiner die rote Laterne von allen Bisherigen trägt.
Kommt es wirklich dazu, wäre das für die Mitte bitter. Denn ihr gutes Abschneiden bei den Kantonsratswahlen dürfte von Steiners Abwahl überschattet werden. Statt als (wieder etwas) erfolgreiche Partei dazustehen, würde ihr acht Monate vor den eidgenössischen Wahlen wieder das Verlierer-Image anhängen.
«Wir wussten, dass wir kämpfen müssen»
Die Zürcher Co-Präsidentin der Mitte, Nicole Barandun, mag noch nicht schwarzmalen. Die Umfrage sei gemacht worden, bevor der eigentliche Wahlkampf begonnen habe, sagt sie. Von daher sei sie zuversichtlich, dass die Partei jetzt noch mobilisieren könnte, bei den eigenen Wählern und jenen von anderen bürgerlichen Parteien.
Doch Barandun gibt zu: «Wir wussten von Anfang an, dass wir als kleine Partei um den Sitz kämpfen müssen.» Zumal die Bildungsdirektion während der Corona-Pandemie und wegen des Lehrermangels nicht einfach zu führen gewesen sei. In der Tat musste sich Steiner insbesondere in den ersten zwei Pandemiejahren von vielen Seiten den Vorwurf der Untätigkeit anhören, weil sie die Schulen offenliess und sich auch lange gegen die Maskenpflicht im Klassenzimmer sträubte.
Hoffnung auf bürgerlichen Schulterschluss
Barandun hingegen verweist darauf, dass auch Seiler Graf für viele ein rotes Tuch sei: «Ich kann mir kaum vorstellen, dass FDP und SVP wollen, dass Priska Seiler Graf in die Zürcher Regierung kommt. Erstens wäre das faktisch ein dritter SP-Sitz, und zweitens hat Frau Seiler rund um den Kampfjet-Kauf doch sehr polarisiert.»
Kampflos aufgeben werde die Mitte aber nicht: «Wir haben die letzten Tage viel plakatiert und werden viele Standaktionen machen, gerade auch in ländlichen Gebieten mit bürgerlicher Wählerschaft.» Und nicht zuletzt hofft sie auf die gemeinsamen Auftritte der bürgerlichen Regierungsmitglieder. «Das wird das Bewusstsein dafür schärfen, dass es gegenseitige Unterstützung braucht.»