Nach dem Treffen von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (62) mit dem Schweizer Bundespräsidenten Guy Parmelin (61) vom Freitag machte EU-Chefsprecher Eric Mamer Falschaussagen.
Das haben Parmelin und Aussenminister Ignazio Cassis (60) am Montagabend bestätigt: Es war nicht so, dass die Schweiz alle drei Streitpunkte beim Rahmenvertrag einfach ausklammern wollte. Schon im Vorfeld hatte Brüssel die Information verbreitet, Bern habe gar nie schriftliche Vorschläge in den drei strittigen Punkten vorgelegt.
Die Differenzen sind wohl unüberbrückbar
Angesprochen auf die Unwahrheiten Brüssels, beschwichtigte Parmelin. Aber sowohl er wie auch Aussenminister Ignazio Cassis (60) machten am Montagabend deutlich, dass die Differenzen mit der EU gross sind.
Wie Blick am Montag berichtete, ist der wichtigste der drei Streitpunkte die Unionsbürgerrichtlinie. Bei deren Übernahme durch die Schweiz hätten EU-Bürger leichteren Zugang zur Sozialhilfe. Wie Blick-Recherchen zeigen, will der Bundesrat hier eine «differenzierte Immunisierung». Das heisst, dass die Schweiz lediglich diejenigen Teile der Unionsbürgerrichtlinie übernehmen will, die wie die Personenfreizügigkeit EU-Arbeitnehmer in der Schweiz betreffen.
Wie der «Tages-Anzeiger» berichtete, forderte der Bundesrat Brüssel auf, auf die Ausdehnung der Richtlinie für mittellose und arbeitslose EU-Bürger zu verzichten. Denn das wäre in der Schweiz niemals mehrheitsfähig. Die EU lässt hier aber nicht einmal ansatzweise mit sich reden.
Schweiz kam der EU entgegen – nicht genug
Grosse Differenzen bestehen auch beim Lohnschutz. Zwar heisst es aus Brüssel laufend, es gelte der Grundsatz «Gleicher Lohn für gleiche Arbeit», dennoch ist auch hier die Verhandlung schwierig. Der Bundesrat verlangt von Brüssel quasi eine «Kein-Rückschritt-Klausel»: Er will die bisherigen Schweizer Kontrollmechanismen somit beibehalten – unabhängig davon, wie sich das EU-Recht in Zukunft entwickelt.
Bei EU-Betrieben, die in der Schweiz Aufträge ausführen, ist unsere Landesregierung hingegen bereit, die Voranmeldefrist von acht auf vier Tage zu senken.
Brüssel ist nicht interessiert
Beim dritten Streitpunkt, bei den staatlichen Beihilfen, gibt es offenbar nur noch eine kleine Differenz bei der Luftfahrt. Doch laut «Tages-Anzeiger» kommt es nur zu Konzessionen seitens der EU, wenn «die beiden anderen Punkte vorab geregelt werden können».
Unter dem Strich wird klar, dass das Interesse der EU an einer Einigung mit der Schweiz zu fairen Konditionen gering ist. Und dass die öffentliche Begleitung der Verhandlungen aufseiten Brüssels nicht fair geführt wird.
Ständeräte stärken Bundesrat den Rücken
Im Gegenteil: Eine EU-Beamtin hat deutlich gemacht, dass das Schweizer Parlament die Kohäsionszahlungen deblockieren müsse, um beim Forschungsprogramm «Horizon Europe» mitmachen zu können. Gleichzeitig verweigert Brüssel weiterhin die Anerkennung der Gleichwertigkeit der Börsen in der EU und in der Schweiz. Diese Anerkennung wäre die Voraussetzung für die Auszahlung der Kohäsionsgelder.
Laut dem Präsidenten der Aussenpolitischen Kommission des Ständerats (APK-S), Damian Müller (36, FDP), ist die Schweiz aber nicht gewillt, das Pfand der Kohäsionsmilliarde aus der Hand zu geben. «Die Schweiz war lange genug in der Defensive», so Müller.
Der Bundesrat ist grundsätzlich einverstanden mit dem Rahmenabkommen. In drei Bereichen aber verlangt er Nachbesserungen:
- Lohnschutz: Brüssel will, dass die Schweiz den EU-Lohnschutz übernimmt. Gewerkschaften, aber auch die Arbeitgeber sind grundsätzlich dagegen. Sie fürchten um das Schweizer Lohnniveau.
- Staatliche Beihilfen: Im EU-Raum sind Subventionen und Steuererleichterungen verboten, wenn sie den Wettbewerb verfälschen. Das könnte etwa auch die Förderung der Wasserkraft durch die Kantone umfassen. Allerdings haben die milliardenschweren Corona-Hilfspakete das Problem entschärft.
- Unionsbürgerrichtlinie: Müsste die Schweiz sie übernehmen, könnten EU-Bürger in der Schweiz schneller an Sozialhilfe gelangen. Dagegen gibt es breiten Widerstand.
Der Bundesrat ist grundsätzlich einverstanden mit dem Rahmenabkommen. In drei Bereichen aber verlangt er Nachbesserungen:
- Lohnschutz: Brüssel will, dass die Schweiz den EU-Lohnschutz übernimmt. Gewerkschaften, aber auch die Arbeitgeber sind grundsätzlich dagegen. Sie fürchten um das Schweizer Lohnniveau.
- Staatliche Beihilfen: Im EU-Raum sind Subventionen und Steuererleichterungen verboten, wenn sie den Wettbewerb verfälschen. Das könnte etwa auch die Förderung der Wasserkraft durch die Kantone umfassen. Allerdings haben die milliardenschweren Corona-Hilfspakete das Problem entschärft.
- Unionsbürgerrichtlinie: Müsste die Schweiz sie übernehmen, könnten EU-Bürger in der Schweiz schneller an Sozialhilfe gelangen. Dagegen gibt es breiten Widerstand.
Nach dem Auftritt der beiden Bundesräte Parmelin und Cassis vor der APK-S scheint für die Aussenpolitiker im Ständerat klar zu sein, dass das Rahmenabkommen wohl scheitern wird. Anders als die Nationalräte sind die APKler im Ständerat laut Blick-Informationen zur Ansicht gelangt, dass die EU mit ihrer unverrückbaren Haltung bei der Unionsbürgerrichtlinie weitere Verhandlungen unmöglich macht.
PdP Rahmenabkommen