Inmitten des Karfreitagsstaus haben sich Klimaaktivistinnen und -aktivisten auf die A2 beim Gotthard geklebt. Das sorgt für Riesenärger. Nicht nur bei den betroffenen Autofahrern, sondern auch in der Politik. «Diese Klima-Terroristen sorgen mit ihrer dämlichen Aktion dafür, dass die Autos noch länger im Stau stehen und mehr Abgase ausstossen. Das ist kontraproduktiv», sagt SVP-Nationalrat Mike Egger (30). Er will nun im Parlament einen Vorstoss einreichen – mit drastischen Konsequenzen für die Klima-Kleber.
«Wer sich auf die Strasse klebt, muss behandelt werden wie ein Terrorist. Das bedeutet eine Gefängnisstrafe.» So würden auch berufliche Konsequenzen drohen, wenn man länger am Arbeitsplatz fehlt. Wie lange die Klima-Kleber ins Gefängnis müssen, will Egger den Richtern überlassen. «Eine Geldstrafe reicht nicht, es braucht Massnahmen mit Symbolkraft.»
Schon jetzt können Klima-Kleber wegen Nötigung verurteilt werden. Im schlimmsten Fall drohen sogar Gefängnisstrafen. Theoretisch zumindest. In der Praxis sind die Hürden fürs Gefängnis hoch. In Zürich und Bern erhielten Aktivisten bislang eine kleine Busse, wie die Tamedia-Zeitungen schreiben.
Wahlkampf-Forderung
Für die bürgerlichen Parteien sind die Klima-Kleber natürlich ein gefundenes Fressen – schliesslich wird im Herbst gewählt. Der Kampf um Aufmerksamkeit ist gross. Da kann es nicht schaden, gegen den politischen Gegner zu schiessen.
Egger bestreitet diesen Hintergedanken. «Die Klima-Kleber gefährden nicht nur sich selbst, sondern auch die Autofahrer, die ebenfalls bestraft werden, wenn es zu einem Unfall kommt. Dazu kommt der wirtschaftliche Schaden, wenn die Hauptachsen blockiert sind.»
Grüne versteht Klima-Kleber
Nicht nur die SVP ärgert sich über die Klima-Kleber. «Es sind Blockierer, Verhinderer, Menschen, die gewaltsam die Freiheit von anderen Menschen beschränken», schreibt unter anderem Mitte-Fraktionschef Philipp Matthias Bregy (44) auf Twitter. Auch Juso-Präsident Nicola Siegrist (26) findet die Aktion «strategisch falsch».
Unterstützung gibt es hingegen teilweise bei den Grünen. Zumindest inhaltlich teilen sie ihr Ziel: das Klima zu schützen. «Ich verstehe die Klimaktivistinnen und -aktivisten», sagt Grünen-Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber (63). «Während Corona hat man gespürt, wie gut die Luft und die Umwelt war. Jetzt geht es weiter wie vorher. Dass gewisse Leute das nicht mehr ertragen, verstehe ich.»
«Wenn schon, jene bestrafen, die die Umwelt verpesten»
Doch auch sie gibt zu: «Die Klima-Kleber helfen der Sache im Moment natürlich nicht, aber sie zeigen, was es bedeutet.» Ziviler Widerstand sei eine legitime Möglichkeit. «Die Aktivisten zerstören nichts, aber sie versuchen, auf das Problem aufmerksam zu machen. Sie wollen eine lebenswerte Zukunft mit einer Flora und Fauna, die gedeiht und nicht zugrunde geht.»
Die Forderung von Nationalratskollege Egger – Gefängnisstrafen für die Klima-Kleber – findet Prelicz-Huber «absurd». «Ziviler Widerstand gehört dazu, solange man niemand schadet. Das ist hier der Fall: Die Autos stehen nur etwas länger im Stau.» Sie dreht den Spiess um: «Wenn schon, sollte man jene bestrafen, die die Umwelt verpesten. Sie gefährden die Gesundheit der Menschen.»
Und auch bei den Grünen ist man geteilter Meinung. Nationalrat Bastien Girod (42) findet solche Aktionen «kontraproduktiv», wie er gegenüber «20 Minuten» sagt.
Dass Eggers Forderung im Parlament eine Mehrheit findet, ist sehr unwahrscheinlich. Neben der SVP dürfte kaum eine Partei zustimmen. Zwar sorgen die Klima-Kleber für Ärger: Doch anders als bei gewalttätige Terroristen kommt niemand zu Schaden.