Widmer-Schlumpf-Sohn prangert Schluder-Antwort zu Gewalt an Frauen an
Copy-Paste-Eklat um Bündner Regierung

Frauen werden auf offener Strasse verprügelt und die Bündner Regierung macht sich nicht die Mühe, eine eigene Meinung zu verfassen. Lieber kopiert sie alte Textstellen und verkauft sie als eigene Antwort. Jetzt prangert auch Ursin Widmer, Sohn von alt Bundesrätin Eveline Widmer Schumpf, den Copy-Paste-Eklat an.
Publiziert: 09.11.2018 um 19:10 Uhr
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Wollte Antworten von der Bündner Regierung über Massnahmen gegen Gewalt an Frauen: SP-Grossrätin Julia Müller.
Foto: zVg

Alle 20 Tage tötet ein Mann in der Schweiz seine Partnerin – oder Ex-Partnerin. Ende August verprügelten in Genf mehrere Männer eine Frauengruppe auf offener Strasse. Ein Opfer lag tagelang im Koma. Frauen gingen daraufhin schweizweit auf die Strasse. Das Land debattierte über die Attacken an Frauen. Auch Graubünden.

Und so wollten SP-Grossrätin Julia Müller (21) und 39 Parlamentarier von der Regierung wissen, wie der Kanton mit dem Thema Gewalt an Frauen und häuslicher Gewalt umgehen wolle.

Jetzt ist klar: Gedacht hat sich der Regierungsrat zu diesem so wichtigen gesellschaftspolitischen Thema überhaupt nichts. Wie die «Südostschweiz» berichtet, lieferte er eine billige Copy-Paste-Antwort. Er kopierte Textstellen aus alten Medienmitteilungen und einem Flyer des Eidgenössischen Büros für Gleichstellung von Mann und Frau. Bezug zur Aktualität? Eine regierungsinterne Debatte über die verprügelten Frauen? Fehlanzeige. Vielmehr beruft er sich auf die Istanbul-Konvention und liefert Phrasen wie «Das Eidgenössische Büro für Gleichstellung von Mann und Frau EBG koordiniert die Umsetzung des Übereinkommens auf nationaler Ebene».

Widmer-Schlumpfs Sohn prangert Bündner Regierung an

Das ist peinlich, aber in den Augen Müllers auch bezeichnend für den stiefmütterlichen Umgang der Bündner Regierung mit der Problematik. Ihr Parteikollege und Mitunterzeichner Philipp Wilhelm sagt: «Wir wollen wissen, was die Haltung der Regierung ist und was sie konkret unternehmen will. Diese Art Antworten zu verfassen, ist nicht fair dem Parlament gegenüber.»

Ob es an der Geschlechtervertretung liegt? Noch hat die Bündner Exekutive wenigstens eine Frau im Gremium. Doch BDP-Frau Barbara Janom Steiner (55) muss Ende Jahr gehen. Wegen einer Amtszeitbeschränkung von zwei Legislaturen scheidet die Nachfolgerin von alt Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf (62) aus dem Regierungsrat aus.

Widmer-Schlumpfs Sohn, BDP-Grossrat Ursin Widmer (29), forderte als Zweitunterzeichner von der Bündner Regierung klare Worte zu Gewalt an Frauen. Und er lässt sich wie seine SP-Kollegin nicht mit Retortenantworten abspeisen. Das Copy-Paste-Gebahren des Regierungsrats hält er für hochproblematisch. «Wir verwenden viel Ressourcen, um unsere Fragen seriös vorzubereiten. Und was machen die gut bezahlten Regierungsräte? Sie kopieren Antworten aus Medienmitteilungen und geben sie als eigene aus.»

Hier würden nicht nur Frauenrechte diskriminiert – sondern auch der Politnachwuchs, ist sich SP-Grossrat Andri Perl sicher. Die Regierung hätte sich die Copy-Paste-Antwort nicht getraut, wäre die Frage von «alteingesessenen» Grossräten gekommen, so Perl. (vfc)

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