Schon Hunderte Grossveranstaltungen mit mehr als 1000 Personen fielen dieses Jahr wegen der Corona-Krise ins Wasser. Und es könnten noch mehr werden: Der Bundesrat denkt über eine Verlängerung des Grossevent-Verbots bis Ende März 2021 oder zumindest eine Bewilligungspflicht nach.
Dabei steht die neue Eishockey- und Fussballsaison vor der Tür. Manchen Clubs droht ohne Zuschauereinnahmen das Aus. Gegen eine Verlängerung des Verbots macht FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen (39, BE) mobil: «Für Grossveranstaltungen braucht es keine Verbote, sondern Schutzkonzepte», so der YB-Fan. «Die Tausendergrenze muss jetzt fallen.»
Wasserfallen ist nicht der einzige Sportfan, der wieder ins Stadion will. Unter dem Hashtag #SaveSwissSports haben Sportfans eine Petition gestartet. Sie kämpfen für «verantwortungsvolle Sportevents».
Der Lockdown mit seinen radikalen Massnahmen sei von vielen unterstützt worden, argumentieren die Petitionäre, doch nun werde die Corona-Problematik zur neuen Normalität. «Es ist deshalb an der Zeit, die bestehenden Massnahmen so anzupassen, dass sie nicht nur kurzfristig effizient, sondern auch langfristig tragbar sind», heisst es in der Bittschrift.
«Sport ohne Zuschauer ist Sport ohne Seele»
Deshalb appellieren die Sportfans an den Bundesrat, «das Verbot für Veranstaltungen mit mehr als tausend Teilnehmenden durch allgemeine Verhaltensgrundsätze und spezifische Schutzkonzepte zu ersetzen». Die 1000er-Regel müsse fallen, so die Forderung.
«Aufgrund dieser Regel kam die Sportwelt praktisch zum Erliegen und erst langsam rappelt sie sich wieder auf», heisst es in der Petition. Und: «Wir als Sportfans konnten in der kürzlich zu Ende gegangenen Fussballsaison eindrücklich erleben, dass Sport ohne Zuschauer, Sport ohne Seele ist. Es fehlt Begeisterung, Leidenschaft und Freude, sowohl bei den Fans wie auch bei den Spielern – und es fehlen Einnahmen.» Einnahmen aus Ticketing, Sponsoring und TV-Rechten, die es zum Überleben brauche.
Schutzkonzepte funktionieren schon andernorts
Die Sportfans verweisen auch auf andere Bereiche: Im öffentlichen Verkehr, in der Gastronomie oder bei Demonstrationen vertraue der Bundesrat schon heute auf angepasste Schutzkonzepte. Ihre Folgerung: «Der Bundesrat kann die 1000er-Regel mit gutem Gewissen aufheben, denn er hat mit seinen allgemeinen Verhaltensgrundsätzen die Basis für Schutzkonzepte gelegt, die ohne pauschale Obergrenzen funktionieren können.»
Die Ligen und Clubs würden bereits jetzt über ihre eigenen Schutzkonzepte verfügen und hätten diese den Behörden zukommen lassen.
Drei Hockeyfans stecken dahinter
Hinter der Aktion stecken drei Hockeyfans, die sich aus einem Hockeychat kennen. «Wir waren der Ansicht, dass jetzt etwas passieren muss, dass sich nun Clubs und Verbände, aber auch Sportler und die Fans einbringen müssen», sagt die Oltnerin Fabienne Fisch (37), welche die Petition mitlanciert hat.
«Es geht uns nicht nur ums Hockey, sondern um den gesamten Sport» sagt sie. «Wir wollen möglichst viele Sportvertreter und Sportbegeisterte an Bord holen, damit der Bundesrat die 1000er-Regel fallen lässt.»
Coronakrise: Widerstand gegen Verbot von Grossveranstaltungen
Bundesrat entscheidet am 12. August
Ob der Appell etwas bewirkt? Am 12. August entscheidet der Bundesrat über das Geschäft. Ein Termin, der für die Sportclubs zum Tag der Entscheidung wird.
Immerhin ein wenig Hoffnung macht Gesundheitsminister Alain Berset (48) den Clubs: «Wir müssen vermutlich auch für Grossveranstaltungen eine differenzierte Lösung finden», sagte er im «Tages-Anzeiger». Um im nächsten Satz die Hoffnungen gleich wieder zu dämpfen: Man könne das Verbot ab September «kaum bedingungslos und undifferenziert» aufheben.