Es ist eine Schlagzeile, die bei Impfgegnern für Furore sorgt: Roche-Präsident Christoph Franz (60) ist für eine Impfpflicht! Das sagte er im Interview mit der «Handelszeitung». Sich gegen das Coronavirus zu impfen, bringe nämlich nicht nur der geimpften Person etwas. «Mit einer Impfung trägt jeder, jede auch dazu bei, dass die ganze Bevölkerung geschützt ist und damit auf Einschränkungen verzichtet werden kann.»
Es dürfte nicht mehr lange dauern, bis der erste Corona-Impfstoff einsatzbereit ist: Erst kürzlich gaben das deutsche Start-up Biontech und der US-Pharmamulti Pfizer bekannt, dass ihr Impfstoff mehr als 90 Prozent der Geimpften wirksam vor Corona schütze. Noch ist das Mittel nicht auf dem Markt. Der Bund hat jedoch bereits über drei Millionen Dosen bei Pfizer/Biontech reserviert, wie Gesundheitsminister Alain Berset (48) am Mittwoch erklärte: «Der Impfstoff wirkt sehr vielversprechend.»
«Wir brauchen einen Herdenschutz»
Doch auch wenn der Impfstoff bald da ist: Zum Impfen gezwungen wird niemand. Das hat Gesundheitsminister Alain Berset diese Woche noch einmal klargemacht. «Eine Impfpflicht ist nicht vorgesehen», sagte er an einer Medienkonferenz und erteilte damit der Forderung von Roche-Manager Franz eine Abfuhr, noch bevor er diese überhaupt geäussert hatte.
Berset stützt sich dabei auf das Epidemiengesetz. Darin steht zwar, dass der Bundesrat in der «besonderen Lage», in der wir uns derzeit befinden, Impfungen für obligatorisch erklären kann. Allerdings nur für besonders gefährdete Bevölkerungsgruppen oder zum Beispiel das Gesundheitspersonal. Zudem muss dafür eine «erhebliche Gefahr» bestehen, was ein Obligatorium weiter einschränken würde.
Obligatorium ist kein Zwang
Wichtig ist ausserdem, dass ein Obligatorium nicht das Gleiche ist wie ein Zwang: Das Bundesamt für Gesundheit hat in der Vergangenheit mehrfach betont, dass niemand gegen seinen Willen geimpft werden darf. Es darf laut Epidemiengesetz auch keine Sanktionen wie Bussen geben, wenn sich jemand einer Impfung verweigert. Möglich sind aber Einschränkungen für Nicht-Geimpfte, zum Beispiel, dass ungeimpftes Gesundheitspersonal nicht mehr auf bestimmten Abteilungen arbeiten darf. Der Bund dürfte die Massnahme nur nach Anhörung der Kantone einführen.
Auch der Bund hofft zwar wie Roche-Präsident Franz auf einen Herdenschutz. Die Regierung ist aber überzeugt, diesen auch ohne Obligatorium erreichen zu können. Um das Coronavirus langfristig unter Kontrolle zu bekommen, strebe man in der Schweiz eine Durchimpfungsrate von 60 Prozent an, sagte Berset am Mittwoch. (dbn)