Das jahrelange Tauziehen zwischen Swatch-Chef Nick Hayek (65) und der Wettbewerbskommission (Weko) ist zu Ende. Nach über zehn Jahren ist jetzt klar: Die Swatch-Tochterfirma ETA darf sich die Kunden aussuchen. Die Kosten für das Verfahren trägt der Staat. Knapp zwei Millionen Franken gehen zu Lasten der Bundeskasse, wie es an der Medienkonferenz der Weko vom Mittwochmorgen hiess.
Die ETA stellt mechanische Uhrwerke her. Über Jahre war das Unternehmen dazu gezwungen, ihre Produkte an die Konkurrenz zu liefern. Jetzt ist das Unternehmen mehr oder weniger frei in der Wahl des Abnehmers. Denn die Firma gilt weiterhin als marktbeherrschend. Das heisst: Sie hat die Fähigkeit, den Markt zu fluten und die Konkurrenz damit auszuschalten. Sollte ETA also mit Dumpingpreisen den Markt überschwemmen, bluten die Rivalen aus. Eine derartige Strategie wäre aber missbräuchlich und wurde erneut die Weko auf den Plan rufen.
Das ganze Verfahren nahm vor über 10 Jahren seinen Anfang. In einem mittlerweile berühmt geworden Interview mit «Le Temps» kündigte der verstorbene Hayek Senior an, die Konkurrenz nicht mehr mit ETA-Uhrwerken beliefern zu wollen. Es folgte eine riesige Untersuchung. 2013 entschied die Weko schliesslich, dass die ETA ihren Kunden bis Ende 2019 eine bestimmte Menge an mechanischen Uhrwerken liefern muss.
ETA bleibt Produktionskönig
Die Idee dahinter: Die ETA-Kunden sollten genug Zeit haben, um sich nach anderen Lieferanten umzusehen. Das hat auch funktioniert. Mittlerweile ist das jurassische Unternehmen Sellita die Nummer zwei hinter ETA auf dem Markt. Ausserdem haben diverse Uhrenfirmen damit begonnen, eigene Uhrenwerke herzustellen. Das Problem aber bleibt: Die Produktionskapazität von ETA ist ein «Mehrfaches» dessen, was Sellita bieten kann, so die Weko.
Eine Stellungnahme von Swatch-Chef Hayek steht noch aus. Ein Sprecher des Unternehmens sagt einzig: «Wir haben vom Weko-Entscheid Kenntnis genommen. Wir warten nun auf die Schlussbegründungen.»
Swatch hat derzeit andere Sorgen. Die Corona-Krise hat das Unternehmen stark getroffen: Die Swatch Group erlitt einen Riesen-Verlust und baute innert Jahresfrist 2000 Jobs ab, 260 Geschäfte wurden geschlossen. Wie der Bieler Uhrenkonzern in einer Mitteilung gestern Dienstag schrieb, ist der Nettoumsatz im ersten Halbjahr um 43 Prozent auf 2,20 Milliarden Franken zusammengebrochen. Wachsen konnte Swatch einzig im Online-Handel – dort dafür im zweistelligen Prozentbereich. (ise)