Wermuth, Meyer, Funiciello – so kapern die jungen Linken die Mutterpartei
Die SP wird zur Juso

Cédric Wermuth und Mattea Meyer starten aus der Pole-Position ins Rennen um die Nachfolge von SP-Chef Christian Levrat. Nun strebt auch Tamara Funiciello ins Machtzentrum. Die drei wollen die Partei umkrempeln.
Publiziert: 06.02.2020 um 22:58 Uhr
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Aktualisiert: 17.10.2020 um 14:00 Uhr
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Mattea Meyer und Cédric Wermuth wollen an die Spitze der SP.
Foto: Keystone
Ladina Triaca und Sermîn Faki

Die SP-Show um die Nachfolge von Christian Levrat (49) beginnt! Am Samstag steigt das Duo um Cédric Wermuth (33) und Mattea Meyer (32) erstmals öffentlich gegen Priska Seiler Graf (51) und Mathias Reynard (32) in den Ring. Beim ersten Schlagabtausch in Luzern wird eine Frage im Zentrum stehen: Wie links soll die SP sein?

Die beiden ehemaligen Jusos Meyer und Wermuth starten aus der Pole-Position ins Rennen. Nun zieht Ex-Juso-Chefin Tamara Funiciello (29) nach: Sie will an die Spitze der SP-Frauen.

«Jusofizierung der SP»

Kommen die drei an die Macht, brechen andere Zeiten in der SP an. Unter ihrer Führung würde die Partei linker, ideologischer und kompromissloser. Deals, wie Levrat sie hinter den Kulissen mit den Bürgerlichen zimmerte, dürften es dann schwer haben. Zur Erinnerung: Wermuth, Meyer und Funiciello waren gegen den AHV-Steuer-Deal, den ihr Parteichef im Ständerat ausheckte.

Die strenge Hierarchie, für die Oberbefehlshaber Levrat bekannt war, würde aufgeweicht. Fraktionsmitglieder hätten wieder mehr zu sagen. Vor allem aber sind Wermuth, Meyer und Funiciello Kampagnenexperten! Sie wissen, wie man die Genossen mitreisst und auf die Strasse bringt. Das Ziel der alten Juso-Garde: die SP in eine Bewegung verwandeln. Und so den Wähleranteil wieder zu vergrössern, der unter Levrats Kompromiss-Kultur gelitten hat.

Eingeschworener Zirkel

Wie eingeschworen der Juso-Zirkel ist, zeigt sich am Samstag in Luzern: Moderiert wird der Anlass von Ex-Juso-Präsident David Roth (34). Der heutige Chef der Luzerner SP kennt Wermuth und Meyer schon lange.

Auch der Luzerner Parteisekretär, Sebastian Dissler (33), ist ein Vertrauter von Wermuth und Meyer und eng mit Meyers Lebenspartner Marco Kistler (35) befreundet. Kistler wiederum arbeitete lange Zeit in der Parteizentrale der SP Schweiz und orchestrierte im vergangenen Jahr Wermuths Ständeratswahlkampf im Kanton Aargau.

Die Fans von Corbyn und Sanders

Die vier gehören zum harten, alten Juso-Kern. Sie haben die Jungpartei unter der Führung von Wermuth zu einer schlagkräftigen, antikapitalistischen Kampftruppe umgebaut. Mit der 1:12-Initiative dominierten sie 2013 schweizweit die Debatte – und trafen die Herzen vieler.

Die Juso wurde zu einem Sammelbecken für junge Linke, die die Welt zu einem besseren Ort machen wollen. Die lauthals – und voller Überzeugung – die Internationale singen und Alt-Linke wie den Briten Jeremy Corbyn (70) und US-Senator Bernie Sanders (78) verehren.

«Nur die erste Etappe»

Mit spektakulären, grenzwertigen Aktionen schafften sich Wermuth und Co. mediale Aufmerksamkeit – und verdoppelten die Mitgliederzahlen. Doch der Führungstruppe ging es nie allein um die Juso. Das übergeordnete Ziel von Wermuth, Meyer und Co. war stets die Übernahme der SP. «Die Juso ist nur die erste Etappe, der leichteste Teil der Übung», sagte Wermuth 2013 zur «NZZ am Sonntag».

Das dürfte auch Tamara Funiciello unterschreiben, die im Oktober in den Nationalrat einzog – und dort dezidiert linke Politik betreiben wird. «Was Cédric, Mattea und mich verbindet, ist, dass die Leute wissen, was sie von uns bekommen», sagt Funiciello. Linke Positionen, die man vom Tandem Reynard/Seiler Graf so klar nicht erwarten könne.

Schluss mit dem Juso-Männerklub

Doch auch Funiciello bringt ihren eigenen Rucksack mit an die SP-Spitze: Als Juso-Chefin brach sie den männerdominierten Klub auf und verwandelte die Juso zu einem Sprachrohr des Feminismus – Redezeiten von Frauen und Männern werden nun mit der Stoppuhr erfasst, und an Juso-Partys gibt es Rückzugsorte für Frauen.

Diese Mentalität will Funiciello nun auch in die SP tragen. Und zumindest die ausgeglichene Redezeit hat Funiciello in der Mutterpartei bereits durchgeboxt. Ein weiteres Indiz, wie die «Jusofizierung» der SP voranschreitet.

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