Wermuth greift Sparpolitik des Bundesrats an
«Diese ideologische Finanzpolitik bringt uns in Teufels Küche»

Cédric Wermuth, Co-Präsident der SP, kritisiert die Sparpolitik des Bundesrats scharf und bezeichnet sie als ideologisch und unprofessionell. Er betont, dass die Schweiz kein Ausgabenproblem habe, sondern zu viele Einnahmen für Konzerne und Reiche verloren hat.
Publiziert: 12.09.2024 um 10:12 Uhr
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Der SP-Co-Präsident Cédric Wermuth kritisiert die Sparvorschläge der Gruppe Gaillard scharf.
Foto: keystone-sda.ch

Auf einen Blick

  • SP-Co-Chef Cédric Wermuth kritisiert die Sparpolitik des Bundesrats
  • Er sieht ein Problem in Steuerprivilegien für Konzerne und Reiche
  • Wermuth glaubt, dass für die Schweiz doppelt so hohe Schulden tragbar wären
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«Diese ideologische Finanzpolitik bringt uns in Teufels Küche»: Der Co-Präsident der Sozialdemokratischen Partei, Cédric Wermuth (38), findet deutliche Worte für die Sparpolitik des Bundesrats. In einem Interview mit der «Neuen Zürcher Zeitung» kritisiert er die Sparvorschläge der vom Bundesrat eingesetzten Expertengruppe.

Laut Wermuths Analyse hat der Bund kein Ausgabenproblem, sondern habe in der Vergangenheit auf zu viele Einnahmen verzichtet.

«Wir haben kein Ausgabenproblem, auch hier hat die Arbeitsgruppe unprofessionell gearbeitet. Das Problem ist, dass in den letzten Jahrzehnten für Konzerne und reiche Steuerprivilegien in Milliardenhöhe eingeführt wurden. Dieses Geld soll nun auf dem Buckel der Allgemeinheit wieder reingeholt werden. Das ist das Gegenteil der sozialen Schweiz», sagte er.

«Internationale Konzerne profitieren für Preis eines Butterbrots»

Der Bericht der Expertenkommission erinnere an das alte, neoliberale Programm des Staatsabbaus, so der Aargauer Nationalrat weiter. Dies sei aus der Zeit gefallen. «Die ganze Übung läuft darauf hinaus, eine Reihe von sozial-, gleichstellungs- und klimapolitischen Erfolgen rückgängig zu machen – unter dem Deckmantel einer als alternativlos dargestellten Finanzpolitik.»

Auf die Frage, ob es irgendeinen Sparvorschlag gebe, den er richtig finde, antwortete Wermuth laut, dass es natürlich Subventionen gebe, über deren Einsparung man diskutieren könne. Zum Beispiel, ob ein Bundesamt oder die Kantonspolizei die Kontrollen am Flughafen sichern solle. Es sei auch richtig, Steuervergünstigungen zu korrigieren.

Kürzungen des Bunds seien jedoch nicht nötig, sagte der SP-Co-Präsident demnach. «Die Schweiz als Ganzes ist reich wie noch nie. Das Geld ist einfach extrem ungleich verteilt, und internationale Konzerne profitieren für den Preis eines Butterbrots von einem Fünf-Sterne-Hotel, das die Bevölkerung in Schuss hält.» Finanzpolitik sei vor allem eine Verteilungsfrage: Wer bezahlt was? Mit der Fokussierung auf die Ausgabenseite versuche die Mehrheit in Parlament und Bundesrat, vor allem ihre Klientel schadlos zu halten.

«Doppelt so hohe Schulden problemlos tragbar»

In dem Interview kritisiert Wermuth auch die Schuldenbremse. «Die Schuldenbremse war immer ein primär politisches Konstrukt: Sie ist dazu da, den Staat zurückzubinden und sozialpolitische Fortschritte zu behindern.»

Die Schweiz habe heute eine der tiefsten Schuldenquoten der Welt, sagte der SP-Co-Chef. Die Schweiz sei kein Entwicklungsland mit extremer Verschuldung bei internationalen Geldgebern. Sie hätte real Schulden abgebaut. Kein anderes Land der Welt mache das freiwillig. «Sicher wären für die Schweiz auch doppelt so hohe Schulden problemlos tragbar. Die entscheidende Frage ist immer, ob es besser ist für die Menschen, wenn sie die Investitionen heute tätigen oder nicht.»

Der Schweizer Staat verzeichne seit 2006 in fast jedem Jahr einen Überschuss. Bund, Kantone und Gemeinden hätten enorme Ersparnisse angehäuft. «Die Behauptung, wir lebten über unsere Verhältnisse, stimmt nicht. Wenn schon, dann haben wir unter unseren Verhältnissen gelebt und zu viel bezahlt für zu wenig Leistungen», sagte Wermuth.

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