Die Ferienberichte der Schülerinnen und Schüler gehören zum ersten Tag nach den Sommerferien wie die Wandtafel ins Klassenzimmer. Normalerweise. Im Corona-Jahr ist alles etwas anders.
Was, wenn eine Schülerin vom Familienurlaub am Strand in Costa Rica erzählt? Oder ein Primarschüler sagt, er habe in den Sommerferien seine Grosseltern im Kosovo besucht?
Diese Kinder dürften je nachdem gar nicht im Klassenzimmer sitzen. Costa Rica, Kosovo und 40 weitere Länder stehen auf der Risiko-Liste des Bundes. Wer in eines dieser Länder reist, muss bei der Rückkehr in die Schweiz für zehn Tage in Quarantäne. Werden die Lehrer jetzt zu Ferien-Polizisten?
Lehrer, nicht Detektive
«Wir werden sicher nicht kontrollieren, wo die Kinder in den Ferien waren», sagt die oberste Lehrerin der Schweiz, Dagmar Rösler (47). Die Verantwortung liege wenn schon bei den Schulleitungen. So wisse sie etwa von Schulen, in denen die Lehrpersonen entsprechende Fälle den Schulleitungen melden müssten.
Nichts von Detektivarbeit hält der Chef der Schulleiter, Thomas Minder (44). «Wir haben definitiv keinen investigativen Auftrag.» Das gelte für die Lehrpersonen genauso wie für die Schulleitungen. Und klar nutze er wie andere Lehrpersonen den gesunden Menschenverstand: «Wenn mir ein Kind sagt, es sei in Serbien in den Ferien gewesen, dann schicke ich es nach Hause.»
Kontrolle «unzulässig»
Rückendeckung erhalten die beiden von Silvia Steiner (62, CVP), Präsidentin der Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK). Schulen und Lehrpersonen seien für die Einhaltung der Quarantänepflicht nicht verantwortlich, sagt sie.
Und mehr noch: Sie dürften gar nicht Quarantäne-Polizei spielen! «Es ist unzulässig, dass die Lehrerinnen und Lehrer aktiv erfragen, wo sich die Schülerinnen und Schüler während der Ferien aufgehalten haben», sagt die Zürcher Regierungsrätin. Sie stützt sich dabei auf eine Einschätzung der kantonalen Datenschutzbeauftragten.
Sollte eine Lehrperson feststellen, dass Quarantäneregeln nicht eingehalten werden, reiche es, das Gespräch mit den Eltern zu suchen, erklärt Steiner.
Bussen bis 1000 Franken
Familien, die ihre Sommerferien in einem Risikogebiet verbringen, nehmen je nach Wohnkanton einiges in Kauf. So droht Eltern in St. Gallen etwa eine Busse von bis zu 1000 Franken, wenn ihr Kind in Quarantäne sitzt. In Basel-Stadt müssen Schülerinnen und Schüler mit einer unentschuldigten Absenz rechnen, wenn sie wissentlich in ein Risikogebiet reisen und deswegen nicht am Unterricht teilnehmen können.
Genau diese Bestrafung könne dazu führen, dass Familien ihre Reise in ein Risikogebiet verheimlichen, ist man hingegen in anderen Kantonen überzeugt. So verzichten etwa Zürich oder Waadt auf Bussen. Wie viele andere Kantone sagen sie sich: Kinder sollen lieber zu Hause lernen als im Klassenzimmer das Virus verbreiten.