Wer ist schuld am Postauto-Bschiss? Haben die Gewinnvorgaben der Postmutter die Postauto-Verantwortlichen in die illegale Buchungspraxis getrieben? Gemäss Insidern soll die Mutter durchschnittlich drei Prozent Gewinn von ihrer Tochter mit den gelben Cars verlangt haben (BLICK berichtete).
Im grossen SonntagsBlick-Interview hatte Post-Chefin Susanne Ruoff (60) das bestritten: «In meiner Amtszeit waren die vereinbarten Zielwerte im Durchschnitt unter drei Prozent», sagte sie. Postauto-Chef Daniel Landolf (58) habe ihr jeweils Vorschläge unterbreitet, worauf man sich auf einen Wert geeinigt habe. «Der Zielwert war immer tiefer als der Wert, den Postauto im Jahr zuvor erreicht hat.»
Komisch nur: Gleichentags sagte Post-Sprecher François Furer der «Sonntagszeitung» etwas anderes. Nämlich, dass sich der Zielwert jedes Jahr erhöht habe. Wie passt das zusammen?
Post: Zwei unterschiedliche Sachen
BLICK hat bei der Post nachgefragt: Es gehe dabei um zwei unterschiedliche Sachen. «Die Aussage von Ruoff im SonntagsBlick bezieht sich auf den Vorwurf, es habe seitens Postkonzern Druck auf Postauto gegeben, denn jedes Jahr sei der Zielwert als Vorgabe für das kommende Jahr für Postauto erhöht worden.»
Dem habe Ruoff widersprochen. «Wenn Postauto im Vorjahr beispielsweise einen Wert 100 erreicht hat, dann müsste – gemäss Vorwurf – die Zielvorgabe für das kommende Jahr über 100 gewesen sein», erklärt Furer. «Dem ist aber nicht so, denn die Zielvereinbarung war in praktisch allen Jahren tiefer als der realisierte Vorjahreswert.»
Irgendwann ist der Zielwert gestiegen
Irgendwann einmal aber ist der Zielwert gestiegen – wann und wie oft, will bei der Post derzeit niemand wissen. Der Grund dafür soll jedoch nicht der Gewinndruck gewesen sein. Schuld sei der Bschiss selbst: «Die unrechtmässigen Buchungen fanden über mehrere Jahre statt, als Folge davon war der Ausgangswert automatisch erhöht und damit auch die Zielvereinbarung», so Furer. «Um mit einem Bild zu sprechen: Die Skala hat sich durch die unrechtmässigen Verbuchungen verschoben.»
Die Post sagt damit: Das Profitstreben sei einzig von Postauto selbst ausgegangen. Unklar ist aber, ob der Gewinndruck der Postmutter zumindest Anlass für den Bschiss war und es danach für die Postauto-Verantwortlichen kein Zurück mehr gab. Die Verantwortung allein auf die Postauto-Tochter abzuschieben, greift wohl zu kurz.
Ruoff soll in den Ausstand treten
Wegen solcher Ungereimtheiten steigt nun der politische Druck auf Ruoff. Nachdem letzte Woche Parlamentarier von links bis rechts den Rücktritt der Post-Chefin gefordert hatten, setzt sich nun die Ansicht durch, dass Ruoff zumindest in Ausstand treten müsse, bis der Skandal aufgearbeitet ist.
«Frau Ruoff wäre gut beraten, dem Verwaltungsrat anzubieten, ihr Amt als Chefin der Post niederzulegen», hatte SVP-Präsident Albert Rösti (50) in der Sendung «SonnTalk» auf TeleZüri gefordert. Nur so könnten die laufenden Untersuchungen wegen der Buchhaltungstricks «neutral stattfinden». Dem schloss sich CVP-Präsident Gerhard Pfister (55) an: «Während der Dauer der Untersuchung wäre es sinnvoll, wenn Susanne Ruoff zumindest in den Ausstand treten würde.»