BLICK erklärt den Postauto-Bschiss
So funktionierte die gelbe Masche

Postauto hat Gewinne verschleiert und so mindestens 78,3 Millionen Franken an unrechtmässigen Subventionen erschlichen. BLICK erklärt, wie die gelbe Masche genau ablief.
Publiziert: 09.02.2018 um 19:50 Uhr
|
Aktualisiert: 12.09.2018 um 22:35 Uhr
Die Post-Tochter PostAuto hat jahrelang zu hohe Subventionen bezogen. Nun wird das Bus-Unternehmen von der Finanzkontrolle durchleuchtet. (Archivbild)
Foto: PABLO GIANINAZZI
Sermîn Faki

Was hat Postauto genau gemacht?

Einfach gesagt: Profite versteckt. Für rentable Postauto-Linien haben die Buchhalter zusätzliche Kosten erfunden, um den Gewinn zu drücken. Und damit dafür gesorgt, dass die Postauto AG mindestens 78,3 Millionen Franken mehr Subventionen von Bund und Kantonen bekam, als ihr eigentlich zustand.

Gibt es Beispiele, wie das ablief?

Ja. Unter anderem wurden bei gewinnbringenden Postauto-Linien Kosten für Pneus verbucht, die gar nie angeschafft wurden. Oder man verbrauchte halt etwas mehr Diesel. Oder man machte den Diesel auf dem Papier etwas teurer, als er wirklich war. Insgesamt gab es rund 200’000 solcher Buchungen.

Was ist das Problem daran?

Postauto darf im Regionalverkehr keine Gewinne machen. Denn dafür, dass die gelben Cars bis in den letzten Chrachen fahren, bekommt Postauto Subventionen von Bund und Kantonen. Das Gewinnverbot ist im Gesetz festgeschrieben. Um trotzdem möglichst viel an Subventionen zu bekommen, wurden die Gewinne in der Bilanz versteckt.

Und warum hat sich Postauto nicht daran gehalten?

Weil die Mutter-Gesellschaft, die Schweizerische Post AG, Gewinne von der Postauto-Tochter gefordert hat. Gemäss Insidern musste Postauto jährlich 3 Prozent Gewinn abliefern.

Und das ging nicht anders?

Eigentlich nicht. Zwar hat Postauto noch andere Geschäftsfelder, zum Beispiel touristische Angebote und einen Schulbus-Service, und sie ist auch im Ausland aktiv. Doch das alles bringt nicht genug Geld ein. Der subventionierte Regionalverkehr macht 85 Prozent des Umsatzes von Postauto aus. Wirklich etwas zu holen gab es nur hier.

Seit wann lief der Bschiss?

Bis jetzt weiss man nur von 2007 bis 2015. Allerdings gehen Experten davon aus, dass auch 2016, 2017 und selbst im laufenden Jahr betrogen wurde. Das wird derzeit abgeklärt.

Wie ist der Bschiss aufgeflogen?

Durch das Bundesamt für Verkehr (BAV). Doch es war die Postauto AG, die den Bund auf ihre Fährte gelockt hat. Denn die Hunderttausenden Buchungen waren selbst für Postauto zu unübersichtlich. Die Spitze des Post-Konzerns machte sich daher 2013 Gedanken, ob der Bschiss nicht einfacher erfolgen könnte. Sie entschied, dass man die Postauto AG in sieben Gesellschaften aussplittet. Eine davon war Postauto Schweiz. Diese stellte den subventionierten Regionalverkehr sicher. Busse, Chauffeure, Wartung und selbst den Treibstoff musste sie von einer anderen Gesellschaft kaufen: Postauto Produktions AG. So machte die subventionierte Postauto Schweiz keine Gewinne mehr. Als Postauto dem Bund die Jahresbilanz 2016 vorlegte, flog das Ganze auf. Denn jetzt konnte das BAV die Geldflüsse nachvollziehen.

Musste gehen: Postauto-Chef Daniel Landolf.

Wie hat die Post reagiert?

Als sie im November mit dem BAV-Bericht konfrontiert wurde, hat die Post sofort zugestimmt, die 78,3 Millionen Franken an unrechtmässig erhaltenen Subventionen zurückzuzahlen. Zudem hat sie unabhängige Experten mit einer Untersuchung beauftragt. Und Postauto-Chef Daniel Landolf sowie Postauto-Finanzchef Roland Kunz mussten am 6. Februar, als das Bundesamt für Verkehr den Bschiss publik machte, den Hut nehmen.

Unter Druck: Post-Chefin Susanne Ruoff
Foto: KEY

Wieso kommt nun Post-Chefin Susanne Ruoff unter Beschuss?

Die Post-Chefin behauptete, sie habe erst durch die BAV-Prüfung im November 2017 erfahren, dass diese illegalen Buchungen gemacht wurden. Doch Dokumente, die BLICK vorliegen, belegen, dass Ruoff spätestens Anfang 2013 wusste, dass heikle Transaktionen zum Geschäftsmodell gehörten. Sie war dabei, als über die Aufsplittung von Postauto diskutiert wurde.

Wie geht es nun weiter?

Postauto und der Post drohen verschiedene Konsequenzen. So muss die Konzernspitze im März in der nationalrätlichen Verkehrskommission antraben. Auch die Geschäftsprüfungskommission (GPK) hat unbequeme Fragen. Vor allem aber drohen den Verantwortlichen strafrechtliche Konsequenzen. Das Bundesamt für Verkehr stellt derzeit ein Dossier für die Anzeige bei der Bundesanwaltschaft zusammen. Politiker von links bis rechts fordern die Absetzung von Ruoff.

Und wer ist der Geschädigte?

Der Steuerzahler. Denn von seinen Steuern werden die Subventionen an Postauto bezahlt.

Wenn Postauto hohe Gewinne macht: Wird das Postauto jetzt wenigstens billiger?

Das fordert zumindest Preisüberwacher Stefan Meierhans. Denn die Preiserhöhungen im öffentlichen Strassenverkehr seien in der Vergangenheit nicht gerechtfertigt gewesen.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.