Ihr Mut hat sich gelohnt! Die Ärztin Natalie Urwyler (44) gewinnt den Prix Courage, weil sie sich gegen die Diskriminierung von Frauen am Arbeitsplatz stark gemacht hatte. Urwyler arbeitete 11 Jahre lang an der Klinik für Anästhesiologie und Schmerztherapie am Inselspital Bern. Immer wieder erhob sie ihre Stimme gegen die Benachteiligung von Frauen und forderte einen besseren Mutterschutz.
Doch nachdem sie selbst Mutter wurde, bekam sie prompt die Kündigung. Grund: ein «komplett zerrüttetes Vertrauensverhältnis». Urwyler zog vor Gericht, machte systematische Diskriminierung geltend – und gewann: Das Inselspital musste die Berner Ärztin wieder anstellen und die Lohndifferenz bezahlen.
«Beherzter Kampf zugunsten aller Frauen»
Am Freitagabend wurde Natalie Urwyler mit dem Prix Courage geehrt, den die Zeitschrift «Beobachter» jedes Jahr vergibt. Die ehemalige Aargauer Regierungsrätin und Jury-Präsidentin Susanne Hochuli würdigte die Gewinnerin für ihre Zivilcourage und Hartnäckigkeit. «Im ärztlichen Kader des Inselspitals sind 90 Prozent Männer beschäftigt, es geht hierarchisch zu und her, viele Chefärzte halten sich noch immer für Übermenschen – und benehmen sich auch so», sagte Hochuli.
Urwyler habe sich nicht beirren lassen, sei standhaft geblieben und setzte sich für die Sache und ihre Werte ein. «Für diesen langen, harten und beherzten Kampf zugunsten aller Frauen ist der Prix Courage 2018 das Dankeschön von uns allen», so Hochuli.
Knapp ein Drittel weniger Lohn für Ärztinnen
Die Berner Ärztin setzte sich gegen acht Konkurrenten durch. Gewählt wurde sie je zur Hälfte durch das Publikum und eine siebenköpfige Jury. Die Wahl stand bereits am 23. Oktober fest. Eine am Montag publizierte Studie des Bundesamts für Gesundheit (BAG) stützt Urwylers Kampf. Sie zeigt: Schweizer Ärztinnen verdienen rund 29 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen.
Natalie Urwyler freut sich über die Auszeichnung und dankt allen, die sie unterstützt haben und dies immer noch tun. Der Kampf lohne sich: «Ich habe viel gewonnen. Wenn eine Tür zu geht, geht eine andere auf», sagt sie. Die Diskussion sei notwendig und solle konstruktiv geführt werden. «Meine tiefe innere Überzeugung gibt mir Kraft für den Kampf», sagt Urwyler.
Fotokünstler Hannes Schmid für Lebenswerk geehrt
Der mit 10'000 Franken dotierte Prix-Courage-Lifetime-Award geht an Hannes Schmid. Er gilt als einer der bedeutendsten Fotokünstlern der Schweiz und hat vor bald sieben Jahren das Hilfsprojekt «Smiling Gecko» gegründet: Schmid kaufte in Kambodscha ein riesiges Stück Land, um Menschen aus den Slums von Phnom Penh eine Chance und dem Land ein Vorbild für die Zukunft zu geben.
Andres Büchi, Chefredaktor «Beobachter», sagte in seiner Laudatio: «Dank seiner Überzeugung, seiner unbändigen Tatkraft und seinen Macherqualitäten hat Schmid mehr erreicht als viele teure staatliche Hilfsprojekte zusammen. Eine solch herkulische Aufgabe anzupacken erfordert Initiative, Kraft, Leidenschaft und Mut.» (mat)