Weil Italien blockiert
Schweiz bleibt auf Hunderten Asylgesuchen sitzen

Italien nimmt seit Dezember 2022 keine Dublin-Flüchtlinge mehr zurück. Das hat Auswirkungen auf die Schweiz: Sie muss mittlerweile 531 Asylanträge überprüfen, für die eigentlich der südliche Nachbar zuständig wäre.
Publiziert: 22.03.2024 um 09:56 Uhr
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Aktualisiert: 22.03.2024 um 11:33 Uhr
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Die Schweiz muss 531 Asylgesuche prüfen von Personen, die eigentlich nach Italien gebracht werden sollten.
Foto: Keystone

Die Ansage war deutlich: Im Dezember 2022 rief Italien einen Übernahmestopp für Dublin-Flüchtlinge aus. Diese Massnahme betrifft Asylsuchende, für die Italien gemäss dem Dublin-Abkommen eigentlich zuständig ist, da sie dort zuerst registriert wurden. Seit Dezember 2022 können solche Personen aber nicht mehr an Italien übergeben werden.

Rom begründete den Übernahmestopp mit dem hohen Migrationsdruck und fehlenden Kapazitäten. Laut dem Uno-Flüchtlingshilfswerk UNHCR kamen 2023 fast 158'000 Flüchtlinge und Migranten über das Mittelmeer nach Italien – eine Steigerung um 50 Prozent im Vergleich zu 2022.

531 Asylanträge, für die eigentlich Italien zuständig wäre

Die Konsequenzen dieser Entscheidung sind auch für die Schweiz deutlich spürbar, wie die Zeitungen von CH Media berichten. Denn: Können Personen nicht innerhalb der festgelegten Frist nach Italien überstellt werden, ist automatisch die Schweiz für das Asylgesuch zuständig. Seit Beginn des Überstellungsstopps musste die Schweiz deshalb 531 Asylanträge prüfen, die eigentlich nach Italien hätten übergehen sollen. Das teilte das Staatssekretariat für Migration (SEM) CH Media mit.

Dass die Überstellungen nach Italien nicht durchgeführt werden können, habe Auswirkungen auf die hiesigen Unterbringungskapazitäten, heisst es von der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD). Zu spüren bekommen das hauptsächlich die Kantone.

Interventionen bisher erfolglos

Neben der Schweiz sind auch alle anderen Dublin-Staaten von dieser Aussetzung betroffen. Die Schweiz hat zusammen mit anderen Ländern wie Deutschland und Frankreich bei der EU-Kommission interveniert, jedoch bisher ohne Erfolg. Italien lenkte nicht ein. Das SEM glaubt auch nicht, dass sich dies vor der Verabschiedung des neuen EU-Asylpakts ändern wird. Der Zeitplan sieht vor, dass dieser noch vor den Europawahlen im Juni verabschiedet werden soll.

Die Schweizer Behörden führten zudem zahlreiche Gespräche auf bilateraler und europäischer Ebene, um Italien zur Einhaltung seiner Verpflichtungen im Rahmen des Dublin-Systems zu bewegen, wie es im Bericht weiter heisst. (oco)

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