Diese Aktion liess die grüne Politikerin Sibel Arslan (43) nicht auf sich sitzen. Im letzten Oktober, nur wenige Tage vor den eidgenössischen Wahlen, veröffentlichte der Aargauer SVP-Nationalrat Andreas Glarner (61) ein angebliches Video von Arslan auf den Plattformen X und Instagram. Der Clip war mithilfe von künstlicher Intelligenz erstellt worden.
Im Video äusserte die angebliche Arslan politische Ansichten, die ihren tatsächlichen Überzeugungen stark widersprachen. Unter anderem forderte sie dazu auf, bei den Wahlen die SVP zu unterstützen.
Arslan ging gegen Glarner vor: Sie reichte eine Klage gegen den SVP-Nationalrat wegen Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte ein – und bekam recht. Der SVP-Polterer musste fast 4000 Franken zahlen. Das hatte ein Basler Zivilgericht im November entschieden. Das Urteil setzt sich aus 1500 Franken Gerichtskosten und 2342.50 Franken Anwaltskosten für Arslan zusammen. Dem «Tages-Anzeiger» sagte Glarner zum Urteil: «Das war mir der Spass wert.»
Neuer Straftatbestand
Damit ist die Sache für Arslan offenbar nicht erledigt. Wie CH Media berichtet, hat sie im Januar zusätzlich eine Strafanzeige eingereicht – diesmal wegen Identitätsmissbrauchs. Diesen Straftatbestand kennt die Schweiz erst seit September. Bislang sind keine Verfahren zu diesem Straftatbestand öffentlich bekannt. Deshalb dürfte dieser Fall Signalwirkung haben, sagte ein Datenschutzexperte gegenüber CH Media.
Die neue Anzeige richtet sich jedoch nicht gegen Glarner, sondern gegen unbekannt. Der SVP-Mann hat das Video nicht selbst gebastelt, sondern die SVP-nahe Werbeagentur Goal damit beauftragt. Nimmt die Staatsanwaltschaft ein Verfahren gegen Glarner an die Hand, müsste sie unter Umständen die Aufhebung seiner relativen Immunität anfordern, die er als aktiver Parlamentarier geniesst.
Harte Strafen im Gesetz vorgesehen
Bereits letzten Herbst sagte Martin Steiger, Anwalt und Spezialist für Datenschutzrecht, gegenüber Blick, Fake-Videos ohne die Zustimmung der abgebildeten Personen zu verbreiten, könne strafrechtlich relevant sein. So kenne das Schweizer Strafrecht den Tatbestand Ehrverletzung und neu auch Identitätsmissbrauch.
«Wer die Identität einer Person ohne deren Einwilligung verwendet, um dieser zu schaden oder um sich einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft», zitierte Steiger aus dem Gesetz. Zudem könnten sogenannte Deepfakes auch zivilrechtlich relevant sein.