Wegen Corona-Singverbot
Priester proben den Aufstand

Heilige Nacht ohne «Stille Nacht»: Singen ist wegen der Corona-Massnahmen auch an Weihnachten in Kirchen verboten. Diese wehren sich nun.
Publiziert: 13.12.2020 um 17:06 Uhr
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Aktualisiert: 26.12.2020 um 16:11 Uhr
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Weihnachten ohne Gesang – das ist für viele Gläubige nicht vorstellbar.
Foto: Keystone

Der Bundesrat stösst auf erbitterten Widerstand – einmal mehr. Anfang Dezember hat er ein Singverbot erlassen. Gleichzeitig gilt für Weihnachtsmessen eine maximale Teilnehmerzahl von 50 Personen. Doch dagegen wehren sich Gläubige. Petitionen werden lanciert, Protestschreiben verfasst.

«Den Leuten zu verbieten, an Heiligabend ‹Stille Nacht› zu singen, das könnt ihr vergessen!», schildert die «SonntagsZeitung» eine Messe von Pfarrer Pascal Venetz in der katholischen Kirche von Visp VS. Der Kirchenmann soll dafür von den Besuchern des Gottesdienstes Applaus bekommen haben.

Weihnachten ohne Gesang ist für viele nicht vorstellbar

Nun fordern auch Vertreter der Bischofskonferenz, der Reformierten und der Christkatholiken in einem Brief an den Bundesrat eine Lockerung des Singverbots über die Festtage. Bisher ohne Erfolg.

Bei der Bischofskonferenz habe man sich noch nicht mit Weihnachten ohne Gesang abgefunden, wird deren Sprecherin Encarnación Berger-Lobato in der «SonntagsZeitung» zitiert: «Wir hoffen darauf, dass der Bundesrat vor Weihnachten nochmals über die Bücher geht und das Singverbot zumindest für die Messen über die Festtage wieder aufhebt.»

Alternativ schlägt die Bischofskonferenz vor, draussen vor der Kirche zu singen – «selbstverständlich auch dort mit entsprechendem Abstand und Maske». «Dass der Bundesrat die Sperrstunde an Heiligabend auf 1 Uhr festgelegt hat und damit die Durchführung der Mitternachtsmesse ermöglicht, deutet darauf hin, dass er den Anliegen der Landeskirchen entgegenkommt», hofft Sprecherin Berger.

Derzeit erhalte die Bischofskonferenz zahlreiche Rückmeldungen von Kirchgängern und Priestern, die sich dem Verbot widersetzen wollen. Weihnachten ohne Gesang sei für die meisten Gläubigen schlicht nicht vorstellbar.

Kirche sieht sich von Wissenschaft unterstützt

Die Kirchenvertreter würden ihr Anliegen auch durch die Wissenschaft legitimiert sehen: So zitiere der Katholische Kirchenmusikverband (SKMV) eine Studie aus England. Diese habe gezeigt, dass sich Aerosole beim Singen nicht weiter verbreiteten als beim Sprechen. Untermauert hat der SKMV die Studie mit Messungen in Basel. Auch politisch macht der Verband Druck: Über 17’000 Personen haben bereits eine Petition unterzeichnet, die eine Aufhebung des Singverbots fordert.

Bisher aber wurden die Gebete nicht erhört. Auch am Freitag ist der Bundesrat vom Singverbot nicht abgewichen. Für ihn bleiben die Ansteckungsraten in den Kantonen zu hoch. Ausnahmen vom Verbot gibt es einzig für professionelle Chöre und Sänger.

Ansonsten bleibt es beim Verbot. Auch in der Kirche von Visp. Die Polizei habe bereits vorsorglich beim widerspenstigen Pfarrer interveniert, schreibt die «SonntagsZeitung»: «Der Pfarrer wurde auf die geltenden Vorschriften aufmerksam gemacht», so der Chef der Regionalpolizei. (dba)

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