Weg in den Bundesrat verbaut?
Esoterik-Pflaster klebt an Kandidatin Blöchliger

Die Nidwaldner Regierungsrätin Michèle Blöchliger hat keinen Lauf. Nach der Affäre um ihre doppelte Staatsbürgerschaft belastet nun ein Engagement bei einer Firma die einzige Frau im Rennen um die Nachfolge von SVP-Bundesrat Ueli Maurer.
Publiziert: 30.10.2022 um 12:36 Uhr
|
Aktualisiert: 30.10.2022 um 22:36 Uhr
1/6
Die Nidwaldner SVP Regierungsrätin Michèle Blöchliger ist die einzige Frau in der Partei, die derzeit Bundesrätin werden will.
Foto: Keystone

Auch das noch. Die Nidwaldner SVP-Doppelbürgerin und Regierungsrätin Michèle Blöchliger (55) hat keinen Lauf. Eigentlich hatte sich ihre Bundesratskandidatur schon allein damit erledigt, dass sie nicht offen darüber informierte, dass sie neben der Schweizer Staatsbürgerschaft auch noch jene Grossbritanniens besitzt.

Jetzt wird zudem öffentlich, dass sie nebenberuflich bei der Firma Delin Bionics mitmischt, wie die «NZZ am Sonntag» publik machte. Laut dem Artikel verkauft das Unternehmen lediglich ein Produkt, einen «Reflector Patch». Das ist ein Pflaster, das die körperliche und mentale Leistungsfähigkeit erhöhen sowie eine verbesserte Regeneration und Wundheilung ermöglichen soll.

Blöchliger nutzt das Pflaster

«Unser patentierter Delin Bionics ‹Reflector Patch› aktiviert durch eine Eigenstimulation der Körperzellen die Regulationsmechanismen der Mikrozirkulation», heisst es in einem Kommunikations-Faktenblatt der Firma. Dadurch komme es zur positiven Wirkung des Pflasters.

Laut dem Artikel benutzt die SVP-Politikerin das Pflaster selber. Und: Seit 2020 sei sie als Gesellschafterin am Stammkapital der Firma beteiligt. Gemäss Handelsregister hat sie ihre Beteiligung im Frühling 2021 auf 43'000 Franken erhöht. Mit dem gleichen Anteil sei Blöchligers Mann beteiligt, so die Zeitung.

Im oben erwähnten Faktenblatt des Unternehmens werden Regierungsrätin Blöchliger und ihr Ehemann zudem neben den beiden Firmengründern als Geschäftsleitungsmitglieder aufgeführt. Diese Darstellung sei aber falsch, erklärt die Regierungsrätin im Artikel jedoch: «Ein Faktenblatt auf der Website der Firma ist missverständlich gegliedert und wird umgehend angepasst», so Blöchliger.

«Gewählt würde Blöchliger sicher nicht»
1:08
Politikchefin schätzt ein:«Gewählt würde Blöchliger sicher nicht»

Firma nicht namentlich genannt

Sie sei weder Geschäftsführerin noch Geschäftsleitungsmitglied der Firma. Sie sei lediglich im Strategiebeirat des Unternehmens, aber nie operativ tätig gewesen. Hingegen sei es korrekt, dass ihr Mann in der Geschäftsleitung für Finanzen und Rechtliches zuständig sei.

In ihrem Lebenslauf hat Blöchliger, die neben Albert Rösti (55), Werner Salzmann (59), Hans-Ueli Vogt (52) und Heinz Tännler (62) im Bundesrat die Nachfolge des zurücktretenden Ueli Maurer (71) antreten will, das Engagement für Delin Bionics nicht explizit erwähnt. Sie spricht lediglich davon, dass sie seit 2018 als Strategiecoach eines Start-up-Unternehmens tätig sei.

Kritik am Pflaster

Sicher nicht hilfreich dürfte für Blöchliger sein, dass die Wirkung des Pflasters umstritten und die Studie, auf die sich das Unternehmen beruft, fraglich ist. Gegenüber der Konsumentenzeitschrift «Saldo» sagte der Zürcher Hausarzt Thomas Walser vor anderthalb Jahren, ein Nutzen sei nicht belegt. Diese Kritik wiederholte er gegenüber der «NZZ am Sonntag».

Klar ist: Der «Reflector Patch» bleibt an Blöchliger kleben. Regierungsräte haben es ohnehin nicht einfach, von der Bundesversammlung gewählt zu werden. Die Parlamentarierinnen und Parlamentarier geben ihre Stimme lieber einer Person, die sie kennen und bei der sie zu wissen glauben, wie er oder sie sich im Bundesrat verhalten dürfte.

Wenig Vertrauen

Blöchliger aber sagte zur Doppelbürgerschaft nicht die Wahrheit. Nun kommen auch noch Verbindungen zu einer Firma zu Tage, die ein Produkt verkauft, dessen Wirkung nicht zweifelsfrei wissenschaftlich belegt ist.

Noch ist offen, ob Blöchliger es überhaupt aufs offizielle Zweier- oder Dreierticket der SVP schafft. Die Fraktion entscheidet darüber in drei Wochen. Man muss aber kein Prophet sein für die Feststellung, dass sich wohl die Mehrheit im National- und Ständerat keine esoterische Pflästerlipolitik in Bundesbern wünscht und die Chancen von bekannten Personen wie Salzmann und Rösti grösser sind. (pt)

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?