Auf einen Blick
- Jeder Siebte fürchtet ernsthafte finanzielle Probleme wegen Prämienschub
- Grüne fordern Übernahme der Kinderprämien durch den Staat
- Ständerat spricht sich für Erhöhung der Mindestfranchise aus
Der Prämienschock bringt viele Haushalte in Bedrängnis. Woher bloss das Geld nehmen, das für die Krankenkasse fällig wird? Eine Umfrage des Marktforschungsinstituts Marketagent Schweiz hat ergeben, dass mehr als jede und jeder Siebte aufgrund der steigenden Prämien für kommendes Jahr mit ernsthaften finanziellen Problemen rechnet. Der Anteil ist im Vergleich zum Vorjahr gestiegen – und in der Romandie viel höher als in der Deutschschweiz. Die Hälfte der über 1000 Befragten gab zudem an, dass sie zwar nicht ernsthafte Probleme bekommen dürfte, aber wegen des Prämienanstiegs ihren Konsum einschränken müsste. Zum Zeitpunkt der Umfrage war die Wucht des Prämienhammers noch nicht bekannt.
Grünen-Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber (64) bereitet insbesondere die Situation der Familien Sorgen. «Die steigenden Prämien haben zur Folge, dass Menschen später oder gar nicht mehr zum Arzt gehen», gibt sie zu bedenken. Denn mit einer hohen Franchise kann man viel Prämien sparen, muss Arztbesuche dann aber auch bis zu einem viel höheren Betrag selbst berappen. Gerade bei Kindern und Jugendlichen sei das fatal, sagt die Zürcherin.
Familien sollen keine Kinderprämien mehr zahlen
Sie fordert darum, dass Familien stärker entlastet werden. Heute sind Kantone verpflichtet, bei Familien mit tiefen und mittleren Einkommen mindestens 80 Prozent der Kinderprämien zu übernehmen. Bei jungen Erwachsenen beträgt der Prämienrabatt mindestens 50 Prozent. Prelicz-Huber geht das zu wenig weit. Künftig soll der Staat die Prämien für Kinder und Jugendliche komplett übernehmen – und Familien mit tiefen und mittleren Einkommen nichts mehr zahlen müssen. Mehrere Nationalrätinnen und Nationalräte von SP und Grünen haben den Vorstoss mitunterzeichnet.
Daneben fordern die Grünen, dass die Höhe der Prämien künftig ans Einkommen gekoppelt wird. Einen entsprechenden Vorstoss hat Nationalrätin Manuela Weichelt (57) im Sommer eingereicht. Die Forderung ist nicht neu, konnte sich aber bisher nicht durchsetzen. Auch die SP hält an altbekannten Rezepten fest und wiederholt nach dem jüngsten Krankenkassenschock ihre Forderung nach einem Prämiendeckel – einen solchen hatte die Stimmbevölkerung vergangenen Juni allerdings abgelehnt.
SVP setzt sich mit Franchisen-Forderung durch
Bürgerliche legen den Fokus derweil auf die Ursache des Problems: die steigenden Gesundheitskosten. Der Ständerat stimmte am Donnerstag – nur wenige Stunden vor dem Prämienhammer des Bundesrats – mit klarer Mehrheit einer Erhöhung der Mindestfranchise für Erwachsene zu. Eingebracht hatte die Forderung die St. Galler SVP-Ständerätin Esther Friedli (47), die sich damit einen dämpfenden Effekt auf die Kostenexplosion im Gesundheitswesen erhofft. Einen gleichlautenden Vorstoss hat SVP-Vertreterin Diana Gutjahr (40) im Nationalrat eingereicht. Der Bundesrat unterstützt die Forderung.
«Wir können nicht alle immer mehr Gesundheitsleistungen in Anspruch nehmen und uns dann über hohe Kosten und Prämien beklagen», argumentierte Friedli im Rat. Auch die Versicherten müssten ihre Verantwortung wahrnehmen. Die Forderung löste heftige Reaktionen aus. Dies sei «ein Frontalangriff auf chronisch Kranke und Ältere», warnte der Neuenburger SP-Ständerat Baptiste Hurni (38). Denn sie sind es, die meist die tiefste Franchise wählen. Umstritten ist zudem, was die Massnahme wirklich bringt. Um wie viel die Mindestfranchise steigen soll, bleibt offen. Realistisch dürften 350 oder 400 Franken sein. Doch noch muss auch der Nationalrat grünes Licht geben.
Nein zu Budget-Krankenkasse
Abgelehnt worden ist am Mittwoch dafür ein anderes Rezept aus bürgerlicher Küche: Die FDP brachte den Vorschlag einer Budget-Krankenkasse ein, die wenig kostet, aber dafür auch weniger Leistungen bietet. Davon will der Nationalrat nichts wissen. Nicht nur die Linke, auch GLP und Mitte waren dagegen.
Letztere Partei hat vor wenigen Wochen ein Gesundheitsmanifest verabschiedet, in dem sie ihre Forderungen zusammenfasst. Sie verweist auf einen Expertenbericht von 2017, der zahlreiche Sparmassnahmen vorgeschlagen hatte. Doch die wirksamsten seien bis heute nicht umgesetzt worden.