Gleich mehrere Regierungen bringen diese Woche Bewegung in die Flüchtlingskrise. Der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck denkt am WEF laut über die Grenzen von Angela Merkels Wilkommenskultur nach.
Viel drastischer hat sich aber die österreichische Regierung geäussert. Sie will Obergrenzen für die Aufnahme von Flüchtlingen festlegen. Nur noch 37'500 will unser östlicher Nachbar in diesem Jahr aufnehmen – 2015 waren es noch rund 90'000. Zum Vergleich: Das sind mehr als doppelt so viele wie in der Schweiz.
Die Marschrichtung der Ösis hatte prompt Reaktionen im Osten der EU zu Folge. Mazedonien schloss die Grenze zu Griechenland, Slowenien und Kroatien denken ebenfalls über «Höchstwerte» nach.
Was hat das für Folgen für die Flüchtlingsrouten? Stefan Frey von der Schweizerischen Flüchtlingshilfe glaubt: «Die Flucht wird für viele Menschen noch teurer, weil sie noch komplexere Umgehungsrouten wählen müssen.»
Profitieren davon würden vor allem Schlepperbanden, ist er überzeugt. Welche Routen nun in den Fokus geraten, weiss er nicht: «Das wäre pures Kaffeesatzlesen. Doch es kann sehr schnell zu Verschiebungen kommen.»
Eine andere mit dem Dossier vertraute Person mutmasst, dass sich viele Migranten in Richtung Italien wenden könnten, falls es durch Abschottungspolitik von Slowenien, Kroatien und Mazedonien in Griechenland zu einem «Stau» käme.
Frey ärgert sich über die «populistische» Politik der Österreicher, diese zeuge primär von Hilflosigkeit. Denn in der Praxis umsetzen liesse sich die Obergrenze so oder so nicht.
Ähnlich tönt es beim Staatssekretariat für Migration. «Wir haben den Beschluss von Österreich zur Kenntnis genommen», sagt Martin Reichlin vom Staatssekretariat für Migration (SEM). Man wisse allerdings nicht, wie dieser umgesetzt werden soll.
IMAGE-ERROR«Wir werden natürlich verfolgen, wie sich die Situation weiter entwickelt.» Das Vorpreschen der Ösis und allfällige Konsequenzen werden auch im Asylstab des Bundes thematisiert.
Könnte die Schweiz denn auch eine Obergrenze festlegen? Reichlin sagt nur: «Wie alle Staaten, die die EMRK unterzeichnet haben, ist die Schweiz verpflichtet, Asylanträge zu prüfen.»
Rückschaffungen von an Leib und Leben bedrohten Personen seien aufgrund des Non-Refoulement-Prinzips nicht möglich. Das heisst faktisch nein.
Die Schweiz setzte sich für eine gesamteuropäische Lösung des Problems ein, so der SEM-Sprecher.
Justizministerin Simonetta Sommaruga wollte sich im Rahmen einer Medienorientierung über die Integration von Flüchtlingen nicht zu den neusten Entwicklungen äussern. (vuc)