Der Bauer hebt das Küken vom Boden auf, hält den kleinen Kopf auf die Stange einer Tränke und drückt, bis das Genick des Tieres bricht. An der anderen Hand des Bauern baumelt bereits ein totes Küken.
Die Aufnahmen hat die Tierrechtsorganisation Tier im Fokus veröffentlicht. Die Aktivisten prangern damit Bauern an, die ihre kranken Tiere wiederrechtlich töten.
Hühner müssen betäubt werden
Laut den Vorgaben des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) muss ein krankes Huhn zuerst betäubt werden – etwa indem ihm mit einem harten Gegenstand auf den Kopf geschlagen wird. Erst danach darf es durch einen Genickbruch getötet werden. Bei Hühnern, die weniger als fünf Kilo wiegen, kann das Genick von Hand gebrochen werden, bei schwereren empfiehlt das BLV eine sogenannte «Tötungszange», die dem Tier um den Hals gelegt wird.
Die Bauern im Video verwenden keine Zange. Vor allem aber betäuben sie die Tiere vor der Tötung nicht. Blick kann nicht verifizieren, dass die Aufnahmen tatsächlich von einem Schweizer Hof stammen. Tier im Fokus macht mit Verweis auf den Schutz ihrer Quelle nicht öffentlich, um welchen Betrieb es sich handelt.
Der Präsident der Schweizer Geflügelproduzenten, Adrian Waldvogel, sagt auf Anfrage, dass jeder Produzent an Tagungen mehrmals über die Regeln informiert werde. «Daraus kann ich ableiten, dass der Produzent in Kenntnis ist, Wirbeltiere vor der Tötung betäuben zu müssen.» Ihm seien keine ähnlichen Fälle bekannt: «Ich kenne keinen Tierhalter, der seinen Tieren Schmerz oder Schaden zufügt.»
Schärfere Kontrollen
Um zu prüfen, ob sich die Geflügelproduzenten an die Regeln des Tierschutzgesetzes halten, werden seit dem 1. Januar spezielle Kontrollen durchgeführt. Dabei müssten die Tierhalter ihre Tötungsmethode den Kontrolleuren erklären oder gleich vorführen, wenn am Tag der Kontrolle ein Tier getötet werden muss, erklärt Doris Schneeberger vom BLV.
Die Aktivisten von «Tier im Fokus» glauben nicht, dass sich illegale Tötungen mit strengeren Kontrollen verhindern lassen. «Hühnerhalter durchsuchen ihren Stall zweimal täglich nach verletzten und toten Hühnern – so oft kann keine Kontrollstelle ausrücken», schreiben sie.
Ende von «Qualzuchten»
Die Organisation stört sich generell daran, wie die Hühnerzucht in der Schweiz funktioniert. «Masthühner werden seit Jahrzehnten auf Hochleistung gezüchtet. Viele Hühner leiden an Beinschäden und Herz-Kreislauf-Problemen.»
Mit einer Petition verlangen die Aktivisten ein Verbot von «Qualzuchten» in der Hühnermast. Stattdessen wollen sie tiefere Tierbestände und langsamer wachsende Masthühner. Diese lebten doppelt so lange, gesünder und vor allem schmerzfrei.
Politik wird aktiv
Genauso argumentiert auch Grünen-Nationalrätin Meret Schneider (28). Sie hat den Bundesrat im März dazu aufgefordert, «Qualzuchten» in der Hühnermast zu verbieten. Das Parlament hat noch nicht über den Vorstoss entschieden.
Der Bundesrat hat hingegen bereits kundgetan, dass er ein Verbot von schnell wachsenden Masthühnern ablehnt. Deren Mast sei effizienter und markant kostengünstiger als diejenige von langsamer wachsenden Hühnern. Ein Verbot von schnell wachsenden Hühnern würde in den Augen des Bundesrates zu einer Verteuerung des Pouletfleischs in der Schweiz führen und so den Import von billigerem Fleisch – etwa aus Brasilien – ankurbeln. Dem Tierschutz würde so in vielen Fällen weniger Rechnung getragen, hält der Bundesrat fest. (til)