Der Bundesrat zündet beim Boostern den Booster. Schon bald könne man nicht erst sechs, sondern schon vier Monate nach der zweiten Impfung die Auffrischungsimpfung erhalten, kündigte Gesundheitsminister Alain Berset (49, SP) am Freitag an. Hatte er erst den Eindruck vermittelt, dass der Entscheid ab sofort gilt, wurde später klar: So schnell geht es dann doch nicht. Am kommenden Dienstag dürfte die angepasste Impfempfehlung offiziell kommuniziert werden. Doch nach dem Vorpreschen des Bundesrats bleibt der Impfkommission und dem Bundesamt für Gesundheit nichts anderes mehr übrig, als die Frist anzupassen.
In den Kantonen rechnet man mit einem Ansturm auf die Impfzentren. Schliesslich können sich damit auf einen Schlag Hunderttausende Geimpfte schon den dritten Stich setzen lassen. Dazu kommen die Kinder-Impfungen, mit denen es ab Anfang Januar losgehen soll. Die Einführung von 2G dürfte zudem auch bei den Erwachsenen zu einer wieder höheren Nachfrage nach Erst- und Zweitimpfungen führen.
Kantone rüsten auf
Man sei bereit, heisst es vonseiten der Kantone. «Wir haben noch viele freie Termine und können die Kapazitäten erweitern. Ende Jahr werden wir mehr als ein Drittel der Geimpften geboostert haben», sagt der Berner Gesundheitsdirektor Pierre Alain Schnegg (59, SVP). Zürich hat die Kapazitäten bereits erhöht und wird sie weiter erhöhen. Auch im Wallis geht man davon aus, den Ansturm meistern zu können – unter anderem auch dank der Unterstützung der Armee. Teilweise müssen Geimpfte aber Geduld haben. Der Kanton Aargau beispielsweise warnte schon vor der Ankündigung Bersets davor, dass es Anfang Jahr zu Wartefristen von rund einem Monat kommen dürfte.
Berset hat die Kantone mit dem Entscheid überrumpelt. Der Bund hatte ihnen gegenüber am Vorabend des Bundesratsentscheids zwar angedeutet, dass eine Änderung der Booster-Frist kommt. Definitiv wussten die Gesundheitsdirektoren aber erst Bescheid, als Berset an der Medienkonferenz die Katze aus dem Sack liess.
Übernimmt der Bund die Haftung?
Unklar ist noch, ob die Frist für alle gesenkt wird oder ob über 65-Jährige den Vortritt haben. «Wir warten auf mehr Klarheit», sagt Schnegg. Und das ist nicht die einzige Unsicherheit. Offenbar ist geplant, die verkürzte Wartefrist sogenannt «off label» zu erlauben – dass der Impfstoff also anders eingesetzt wird als von der Heilmittelbehörde Swissmedic zugelassen.
Das ist zwar erlaubt, die Verantwortung für den Off-Label-Einsatz tragen dann aber grundsätzlich die Ärzte. Möglich wäre, dass der Bund nun diese Haftung übernimmt. Denn Swissmedic selbst hat vorerst nicht vor, die Booster-Zulassung anzupassen. Es fehlen dafür noch klinische Studien, die unter Berücksichtigung der Viermonatsfrist durchgeführt wurden.
Die Zürcher Regierung hat nach der Ankündigung umgehend reagiert. Am Samstag erhalten alle Personen, deren Impfung fünfeinhalb Monate her ist, ein SMS vom Kanton und können sich bereits für die Impfung anmelden. So will man den erwarteten Run auf die Impftermine nächste Woche etwas abfedern. Zürich ist nach St. Gallen der zweite Kanton, der von sich aus die Frist heruntergesetzt hat – ohne auf die Anpassung der Empfehlung der Impfkommission zu warten.