Verzögerungstaktik der Freisinnigen
FDP will über Oligarchen-Taskforce erst nach den Wahlen bestimmen

FDP-Fraktionschef Damien Cottier hat Fragen zum Beitritt der Schweiz zur Oligarchen-Taskforce. Er will deshalb den Entscheid über den Beitritt vertagen. SP-Politiker Fabian Molina schimpft darum über eine «Politik für die faulen Eier auf dem Finanzplatz».
Publiziert: 20.09.2023 um 16:06 Uhr
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Franziska Ryser fordert den umgehenden Beitritt zur internationalen Repo-Oligarchen-Taskforce, die russische Oligarchengelder aufspürt.
Foto: Keystone
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Sophie ReinhardtRedaktorin Politik

Für die Grüne Franziska Ryser (31) ist klar: Die Schweiz tut zu wenig, um die Sanktionen gegen russische Oligarchen durchzusetzen. Darum forderte sie bereits vergangenes Jahr, dass sich die Schweiz den internationalen Sanktionsbehörden und insbesondere der Taskforce Repo anschliesst. Diese spürt russische Gelder auf.

Nur mit der Teilnahme der Schweiz könne sichergestellt werden, dass die Schweiz nicht länger als Rückzugsort und sicherer Hafen für russische Oligarchen und ihre Gelder diene, argumentierten die Grünen. Besonders bei der SVP und auch bei einigen FDP-Vertretern gibt es allerdings nach wie vor grosse Skepsis.

Doch plötzlich sprach sich FDP-Präsident Thierry Burkart (48) für einen Beitritt zur Oligarchen-Taskforce aus. Und nun? FDP-Fraktionschef Damien Cottier (48) hat einen Antrag zu Rysers Vorstoss eingereicht. Darin verlangt er, Rysers Vorstoss solle zuerst an die zuständige Kommission zur Vorprüfung geschickt werden. «Bevor eine Entscheidung getroffen wird, sollten einige noch offene Fragen berücksichtigt werden», schreibt er in seiner Begründung. Fragen hat er etwa zur Datensicherheit oder zur Autonomie der Schweiz.

Politik für faule Eier

Das Parlament stimmte am Mittwochnachmittag Cottiers Antrag mit 101 zu 77 Stimmen bei 7 Enthaltungen zu. Damit verzögerte sich ein allfälliger Beitritt zur Taskforce weiter – bis nach den Parlamentswahlen!

Das Bubentrickli von Cottier ärgert SP-Nationalrat Fabian Molina (33): «Die FDP hat im Wahlkampf gemerkt, dass die Bevölkerung endlich wirksam gegen russische Oligarchen vorgehen will, und spielt vordergründig mit. Aber jetzt versucht sie, den Entscheid auf nach den Wahlen zu verzögern und dann abzulehnen», sagt er zu Blick. Die FDP betreibe so «Politik für die faulen Eier auf dem Finanzplatz», schimpft der Sozialdemokrat.

Cottier wehrt sich gegen den Verzögerungs-Vorwurf: Es handle sich um eine notwendige Diskussion. «Das ist eine ständige Praxis im Ständerat.» Im Nationalrat sei sie seltener, aber in diesem Fall ist sie «angesichts der Bedeutung gerechtfertigt». 

Hin und Her

Dennoch ist Cottiers Vorgehen speziell, wo sich FDP-Boss Burkart doch vor einer Woche für den Beitritt der Schweiz zur internationalen Taskforce zur Aufspürung russischer Oligarchengelder ausgesprochen hatte. Er sehe keinen Grund, warum die Schweiz nicht beitreten sollte, sagte Burkart in der «Tagesschau». «Im Gegenteil: Wir hätten dort die Möglichkeit, unseren Standpunkt einzubringen und aufzuzeigen, dass wir schon sehr aktiv sind in dieser Angelegenheit», betonte der FDP-Chef. Davor hatte sich auch Bankiervereinigungs-Chef Roman Studer in diese Richtung geäussert.

Anders sahen es bisher der Bundesrat und die Bundesverwaltung: In einem Interview mit der «NZZ» hatte Helene Budliger Artieda (58), die Chefin des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco), gesagt, sie sehe wenig Grund, wieso sich die Schweiz der Taskforce anschliessen sollte. Die Schweiz tausche sich mit diesen Ländern bereits effizient aus.

Das sieht man im Ausland offenbar anders: Diplomaten aus Frankreich, Italien, Deutschland, den USA, Kanada, Japan und Grossbritannien hatten die Schweiz im März aufgefordert, sich stärker bei der Suche nach Russengeldern zu engagieren.

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