Für die Bundesanwaltschaft (BA) ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass jemand der «Weltwoche» durch eine Amtsgeheimnisverletzung zu geheimen Erpressungsakten verholfen hat. Es sind die Akten zum rechtskräftig abgeschlossenen Fall einer Bekannten des Innenministers Alain Berset (49). Sie hatte erfolglos versucht, 100'000 Franken vom SP-Bundesrat zu erpressen. Später nahm sie zuvor gemachte Anschuldigungen an den Bundesrat zurück. Aufgrund der geheimen Akten zu diesem Fall hat das Magazin diese Woche über eine Hausdurchsuchung und private Details berichtet.
Presseberichte sind der Auslöser
Wie der Blick und die NZZ schilderten, bestehen Anzeichen dafür, dass die «Weltwoche» durch ein Leck beim Bundesamt für Polizei (Fedpol) zu diesen Akten gekommen ist.
Auf Anfrage schreibt die BA Blick: «Die Bundesanwaltschaft hat von der Medienberichterstattung in diesem Zusammenhang Kenntnis genommen. Grundsätzlich kommentiert die BA einzelne Medienberichte nicht.»
AB-BA soll Staatsanwalt einsetzen
Doch die Ermittler des Bundes schreiben weiter: Wenn die fraglichen Akten aber tatsächlich durch eine dem Amtsgeheimnis unterstehende Stelle herausgegeben worden wären, stünde eine Amtsgeheimnisverletzung zur Diskussion. «Diese Frage, beziehungsweise den konkreten Sachverhalt, gilt es zu klären. Die BA hat deshalb heute bei der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA) die Einsetzung eines ausserordentlichen Staatsanwalts beantragt», schreibt die Bundesanwaltschaft Blick weiter.
Das Parlament hatte zudem schon früher von der AB-BA einen Bericht verlangt, in dem die Aufsicht über die Bundesanwaltschaft beurteilen sollte, ob an den Vorwürfen etwas dran sei, dass die BA Berset bevorzugt behandle. Nun liegt der Bericht den Präsidien der Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) vor, wie SP-Ständerat Hans Stöckli (69) sagt.
Unter Kollegen
Wie die Zeitungen von «CH Media» meldeten, will SVP-Nationalrat Alfred Heer (59) die in der «Weltwoche» erhobenen Vorwürfe an die Adresse Bersets – wie Amtsmissbrauch und die Erledigung privater Angelegenheiten durch Staatsdiener – durch die GPK abklären lassen. Damit haben die Geschäftsprüfungskommissionen der beiden Räte in ihren nächsten Sitzungen den AB-BA-Bericht zur Bundesanwaltschaft zu werten sowie über die Frage zu entscheiden, ob die Vorwürfe abgeklärt werden sollen, die Heers Partei- und früherer Nationalratskollege Christoph Mörgeli (61) in der «Weltwoche» aufgrund der ihm zugespielten Akten erhoben hat.