Nationalrat bekräftigt Kandidatur für Uno-Sicherheitsrat
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Kein Verzicht auf Kandidatur:Nationalrat bekräftigt Kandidatur für Uno-Sicherheitsrat

Trotz Ukraine-Krieg
Schweiz soll in den Uno-Sicherheitsrat

Der Nationalrat hat den Bundesrat bei seiner Kandidatur für den Uno-Sicherheitsrat erneut unterstützt. Die SVP, die einen Rückzug verlangt hatte, lief auf.
Publiziert: 10.03.2022 um 11:01 Uhr
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Aktualisiert: 10.03.2022 um 11:14 Uhr
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Die Schweiz will in den Uno-Sicherheitsrat.
Foto: imago images/Pacific Press Agency

«Der Bundesrat wird beauftragt, auf eine Kandidatur der Schweiz für den Uno-Sicherheitsrat zu verzichten.» So lautete die Forderung von Ständerat und SVP-Parteipräsident Marco Chiesa (47), aus deren Anlass am Donnerstag im Nationalrat eine kurze ausserordentliche Session traktandiert war. Die Wahl für die zweijährige Mitgliedschaft im Uno-Gremium soll im Juni stattfinden, es wäre also ein Übungsabbruch in letzter Sekunde.

Begründet wurde das Anliegen vom Zürcher Nationalrat Roger Köppel (56). «Ich bitte Sie, das in sorglosen Zeiten vor vielen Jahren eingereichte Gesuch zurückzuziehen. Dieses würde die Neutralität der Schweiz weiter torpedieren und stellt für unser Land ein unkalkulierbares Risiko dar», sagte er. «Wachen Sie auf!»

«Beitritt würde Neutralität weiter torpedieren»
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Köppel zum Uno-Sicherheitsrat:«Beitritt würde Neutralität weiter torpedieren»

«Wir schützen uns durch das Recht»

Der Bundesrat und die Mehrheit des Nationalrats sahen das indes komplett anders. Eine Mitgliedschaft im Sicherheitsrat sei im Interesse der Schweiz und mit der Neutralität vereinbar, bekräftigte Bundespräsident Ignazio Cassis (60) einmal mehr. «Dem Bundesrat ist bewusst, dass es kein einfaches Unterfangen ist und hat sich entsprechend gut vorbereitet», so Cassis.

Die Mitgliedschaft erlaube der Schweiz, sich an einflussreicher Stelle für Frieden und Sicherheit sowie eine regelbasierte internationale Ordnung einzusetzen. Das sei gerade für den Kleinstaat Schweiz wichtig: «Wie schützen wir uns?», fragte Cassis und gab die Antwort gleich selbst. «Wir schützen uns durch das Recht, nicht durch militärische Macht.»

Ärger über Sanktionen gegen Putin

Ein Dutzend SVP-Nationalräte wollten Cassis hingegen nicht so einfach vom Haken lassen und stellte dem Bundespräsident die immer gleichen Fragen zu Neutralität. Dabei schien auch der Ärger darüber durch, dass sich die Schweiz den EU-Sanktionen gegen Russland angeschlossen hat – womit sich das Land nach Lesart der SVP von der Neutralität verabschiedet hat.

Doch Cassis nannte just den Krieg in der Ukraine als Beispiel dafür, wie wichtig ein Einsitz im Sicherheitsrat für die Schweiz sei. «Dieser Krieg ist eine Zäsur», so Cassis. Das werde die Sicherheitsarchitektur der Welt ebenso verändern wie die Terroranschläge von 9/11. «Das heisst, dass auch die Schweiz sich immer wieder ändern und anpassen muss.» Das sei der Bevölkerung bewusst, die vor 20 Jahren Ja zum Uno-Beitritt gesagt habe. Auch das Parlament habe sich mehrfach für die Kandidatur für den Sicherheitsrat ausgesprochen.

Mitte mit einigen Abweichlern

Und das tat der Nationalrat dann erneut. Mit 125 zu 56 Stimmen bei 8 Enthaltungen lehnte er die Forderung der SVP ab. Die anderen Parteien waren geschlossen – abgesehen von der Mitte, wo der Tessiner Marco Romano (39) und Bauernpräsident Markus Ritter (54) Ja sagten und sich sieben weitere Mitglieder, darunter auch Parteichef Gerhard Pfister (59), enthielten. Was Nationalratspräsidentin Irène Kälin (35) zu einem verwunderten Ausspruch verführte: «Weiss die Mitte nicht, was sie will?», fragte sie, ohne zu merken, dass ihr Mikrofon noch angeschaltet war. Auch FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen (40) enthielt sich der Stimme.

Die Mitte hatte letzte Woche für Aufsehen gesorgt, als sie Bundespräsident Cassis massiv angriff und für den Sicherheitsrat mehr Kompetenzen im Aussendepartement forderte. Denn eine Mitgliedschaft sei «ein Risiko für unsere Reputation, wenn wir dort genauso herumlavieren wie bei den Sanktionen gegen Russland», sagte Fraktionschef Philipp Matthias Bregy (43) damals zu Blick. (sf/SDA)

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