Trotz Teilzeitarbeit
Wir Schweizer sind gar nicht arbeitsfaul!

Teilzeit arbeiten ist in der Schweiz im Trend. Das Thema wird heiss diskutiert. Nun zeigt sich: Trotz Teilzeitarbeit hat die Arbeitszeit der erwerbsfähigen Bevölkerung pro Kopf sogar zugenommen.
Publiziert: 24.03.2023 um 08:56 Uhr
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Die jährliche Arbeitszeit pro Person im erwerbsfähigen Alter (15 bis 64 Jahre) hat trotz Teilzeitarbeit sogar zugenommen.
Foto: Keystone

Teilzeitarbeit ist in der Schweiz beliebt. «Schweizer arbeiten nur noch 31 Stunden pro Woche», berichtete die «Sonntagszeitung» vor kurzem. Die Debatte darüber wird hitzig geführt. Die einen schwören auf die ausgeglichene Work-Life-Balance. Andere monieren, dadurch entgehe dem Staat viel Geld. Sie sehen gar das Arbeitsethos in Gefahr.

In der «NZZ» sagte der Wirtschaftswissenschaftler Christoph Schaltegger (51) etwa: «Wir sind durch die Zuwanderung fett und träge geworden. Denn der bestehende Reichtum, gepaart mit dem Ausbau des Staats, führt dazu, dass sich viele Schweizerinnen und Schweizer in die Teilzeitarbeit zurückziehen.»

Jährliche Arbeitszeit hat zugenommen

Nun widerlegen die «CH Media»-Titel mit Daten des Bundesamts für Statistik (BFS) die Ansicht, es werde wegen vermehrter Teilzeitarbeit weniger gearbeitet. Die Zahlen zeigen: Die jährliche Arbeitszeit pro Person im erwerbsfähigen Alter (15 bis 64 Jahre) hat sogar zugenommen!

Sie stieg von 1275 Stunden im Jahr 2010 auf 1287 Stunden im Jahr 2019. Das ist ein Plus von 12 Stunden oder rund 1,5 Arbeitstagen. Und das trotz mehr Ferientagen und weniger Überstunden.

Unterschiede gebe es diesbezüglich allerdings zwischen den Geschlechtern, berichtet «CH Media»: So hat bei den Männern die Arbeitszeit bis 2019 um drei Prozent abgenommen. Bei den Frauen hingegen stieg sie in derselben Zeit um sieben Prozent.

Durchschnittliches Pensum gestiegen

Kommt hinzu: Das durchschnittliche Pensum der 15- bis 64-Jährigen stieg seit 1996 um fast 2 Prozentpunkte auf 71,8 Prozent. Daniel Kopp von der Konjunkturforschungsstelle KOF der ETH Zürich bestätigt: «Trotz Teilzeittrend beobachte ich nicht, dass insgesamt weniger gearbeitet wird.»

Langfristig ist die Arbeitszeit gesunken. Die Schweiz reduzierte die übliche Wochenarbeitszeit zwischen 1950 und 1990 von fast 50 auf knapp unter 42 Stunden. Dort verharrt sie seither. Doch: Das könnte sich mancherorts bald ändern.

38-Stunden-Woche immer beliebter

Im Kampf gegen den Fachkräftemangel sind Politikerinnen und Politiker nun aktiv geworden. Im Kanton Basel-Stadt fordert das Parlament etwa, dass die Regierung die 38-Stunden-Woche für Kantonsangestellte prüft. Und auch in Bern fordern Politiker vier Stunden weniger Arbeit bei gleichem Lohn, wie Blick jüngst berichtete.

Auch Konzerne wie der japanische Elektronikriese Panasonic und der Lebensmittelmulti Unilever haben die Viertageswoche für sich entdeckt. Verschiedene Schweizer Unternehmen senkten ihre Arbeitszeiten ebenfalls. (oco)

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