Die Berner Polizei findet keine Leute: Bei der «gegenwärtigen Arbeitsmarktsituation» sei es eine «Herausforderung», wenn das Korps Personal einstellen will. Die Kapo verzeichnet bei der laufenden Personalaufstockung aktuell einen leichten Unterbestand.
Zwar sei die Kapo Bern auch mit dem derzeitigen Korpsbestand in der Lage, «die Wachen zu betreiben und unseren Grundauftrag vollumfänglich wahrzunehmen». Aber wie geplant jährlich rund 115 Polizistinnen und Polizisten sowie etwa 15 bis 20 Sicherheitsassistentinnen und -assistenten zu rekrutieren, sei nicht ganz einfach.
«38-Stunden-Woche macht alle attraktiver»
Beschlossen ist, das Polizeikorps Berns schrittweise auszubauen. Bis 2025 sollen es 170 Stellen mehr sein und bis 2030 sollen weitere 190 Polizistinnen und Polizisten dazukommen. Auf Anfrage schreibt die Kapo, «vermutlich würde eine 38-Stunden-Woche jeden Arbeitgeber attraktiver machen». Damit signalisiert die Polizei, dass die Senkung der Wochenarbeitszeit auch ihr entgegenkäme.
Wie Blick berichtete, fordern die beiden Berner SP-Grossratsmitglieder Andrea Zryd (47) und David Stampfli (40) für Kantonsangestellte eine Reduktion der wöchentlichen Arbeitszeit von 42 auf 38 Stunden. Konkret will die Polizei aber nichts zur Forderung der Genossen sagen: Es ist nicht an der Kantonspolizei, «uns zu laufenden politischen Vorstössen zu äussern».
«Senkung wäre hilfreich»
Das übernimmt Adrian Wüthrich (42), Präsident des Polizeiverbands Bern-Kanton. Es sei für die Kantonspolizei anspruchsvoller geworden, neues Personal zu rekrutieren. «Ich begrüsse es, dass die Polizei dennoch keine Abstriche bei den Anforderungen an neue Polizistinnen und Polizisten machen möchte. Da wäre die Senkung der Wochenarbeitszeit natürlich hilfreich, um die offenen Stellen zu besetzen und den geplanten Ausbau des Polizeikorps vornehmen zu können», sagt der frühere SP-Nationalrat.
Die Nachteinsätze und Wochenenddienste, die die Polizeikräfte leisten müssen, fördern die Attraktivität der Arbeit bei der Kantonspolizei nicht unbedingt. Viel eher dürfte es dem Korps entgegenkommen, dass die Berner Polizistinnen und Polizisten schon mit 62 Jahren in Pension gehen können.
Auf Nachfrage, wie denn die Anziehungskraft des Polizeiberufs gesteigert werden könne, betont die Kapo, man sei stets bemüht, den Beruf für die Mitarbeitenden, aber auch für potenzielle Interessentinnen und Interessenten attraktiv auszugestalten. Dazu seien in jüngerer Vergangenheit verschiedene Anpassungen vorgenommen worden. Beispielsweise wurden Entschädigungen wie Spesen und Zulagen, beispielsweise im Rahmen von Wochenend- und Nachtarbeit, erhöht.
Schon heute Teilzeit
Wo möglich versucht die Polizei auch vermehrt Teilzeitpensen und flexible Arbeitszeiten anzubieten. Nicht zuletzt sei man bestrebt, den Mitarbeitenden gegenüber Wertschätzung für ihre sehr fordernde Arbeit und ihr Engagement zugunsten der Berner Bevölkerung entgegenzubringen. Der Polizeiberuf verlange aber eine hohe Flexibilität sowie ein grosse psychische und physische Belastbarkeit.
Zwar ist es den Berner Polizistinnen und Polizisten möglich, Teilzeit zu arbeiten – aber normalerweise erst zwei Jahre nach der Ausbildung. Uniformierte Mitarbeitende müssen dann mindestens ein 50-Prozent-Pensum belegen. Bei den Sicherheitsassistenten, die in Bern beispielsweise für den Botschaftsschutz und den Verkehrsdienst zuständig sind, sei es schon heute möglich, unmittelbar nach der Ausbildung 80 Prozent zu arbeiten.
Homeoffice kein Tabu
Schwieriger wird es beim Homeoffice, das abhängig von der Funktion und der Dienststelle aber möglich sein soll bei den Bernern. «Im Vordergrund steht immer die Erfüllung des Grundauftrages zur Gewährleistung der Sicherheit, während 24 Stunden, täglich und 365 Tagen im Jahr», schreibt die Medienstelle der Polizei.
Attraktiver würde der Polizeiberuf mit einer 38-Stunden-Woche sicherlich. Das sagt nicht allein Adrian Wüthrich, sondern das haben Berner Polizeikräfte auch den beiden SP-Politikern Zryd und Stampfli signalisiert. Die Frage dürfte einfach sein, ob der Polizei-Personalbestand noch weiter erhöht werden müsste, um den oben erwähnten Rund-um-die-Uhr-Einsatz gewährleisten zu können.